26.11.2013

Mangel an Enteisungsmittel begründet Entschädigungsanspruch für Fluggäste bei Flugannullierung

Fehlendes Enteisungsmittel für Flugzeuge begründet keine außergewöhnlichen Umstände i.S.v. Art. 5 Abs. 3 der Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004). Die Enteisung gehört zur vorhersehbar notwendigen Vorbereitung eines Fluges unter winterlichen Bedingungen, weshalb das BGH-Urteil zum Fall der Flugannullierung infolge eines Vogelschlags nicht einschlägig ist.

OLG Brandenburg 19.11.2013, 2 U 3/13
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte für den 10.12.2010 einen Flug für 24 Personen von Berlin nach Rom gebucht. Der Flug wurde nicht durchgeführt. Dies begründete das beklagte Luftfahrtunternehmen damit, dass ein allgemeiner Mangel an Enteisungsmitteln geherrscht habe.

Der Kläger machte daraufhin auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 1 Fluggastrechteverordnung Ausgleichsansprüche geltend. Das LG gab der Klage im Hinblick auf Zahlung einer pauschalen Entschädigung i.H.v. 250 € pro Fluggast statt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten blieb vor dem OLG erfolglos. Allerdings wurde die Revision zum BGH zugelassen.

Die Gründe:
Die Beklagte ist verpflichtet, eine pauschale Entschädigung i.H.v. 250 € pro Fluggast zu zahlen.

Ein Luftfahrtunternehmen muss dafür sorgen, dass für von ihm eingesetzte Flugzeuge die erforderlichen Betriebsstoffe bereitstehen. Hierzu zählt bei winterlichen Wetterbedingungen auch Enteisungsmittel. Nach dem Zweck der Verordnung, Fluggastrechte zu stärken, spielt es auch keine Rolle, ob die Beschaffung des Enteisungsmittels an dem betroffenen Flughafen eigentlich einem Dienstleister obliegt.

Das BGH-Urteil vom 24.9.2013 zum Fall der Flugannullierung infolge eines Vogelschlags (Az. X ZR 160/12) zwingt nicht zu einer abweichenden Bewertung. Schließlich greift ein solcher Vogelschlag von außen in den Flugbetrieb ein und ist nicht vorhersehbar. Die Enteisung hingegen gehört zur vorhersehbar notwendigen Vorbereitung eines Fluges unter winterlichen Bedingungen. Ein Mangel an Enteisungsmitteln ist zudem tatsächlich beherrschbar, denn er lässt sich durch rechtzeitige Beschaffung und Vorratshaltung vermeiden.

Auch ein im Einzelfall auftretender Lieferengpass macht einen Mangel an Enteisungsmittel nicht seiner Natur nach unbeherrschbar, und zwar auch dann nicht, wenn die entsprechende Bevorratung mit zusätzlichen Kosten verbunden wäre. Letztlich rechtfertigt der Schutz der Fluggäste die voraussichtlichen erheblichen negativen wirtschaftlichen Folgen für das jeweilige Luftfahrtunternehmen.

OLG Brandenburg PM v. 25.11.2013
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