25.11.2014

Zu den Anforderungen an substantiiertes Bestreiten der vom Vermieter vorgetragenen Flächenangaben

Ansprüche des Vermieters auf Betriebskostennachzahlungen aus Wohnraummietverträgen können im Urkundenprozess geltend gemacht werden. Um die vom Vermieter vorgetragenen Quadratmeterzahlen wirksam zu bestreiten, genügt es, wenn ihm der Mieter das Ergebnis einer laienhaften, im Rahmen seiner Möglichkeiten liegenden Vermessung entgegen hält.

BGH 22.10.2014, VIII ZR 41/14
Der Sachverhalt:
Die Beklagte ist Mieterin einer Dachgeschosswohnung des Klägers. Der Mietvertrag aus September 2006, in dem die Wohnfläche nicht angegeben war, sah vor, dass die Betriebskosten grundsätzlich anteilig nach dem Verhältnis der Wohnfläche der Mietsache zur Gesamtwohnfläche des Anwesens abgerechnet werden.

Mit der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2011 machte der Kläger - unter Ansatz einer Wohnfläche der Wohnung der Beklagten von 40 m² und einer Gesamtwohnfläche des Gebäudes von 240 m² - eine Nachforderung i.H.v. 1.187 € geltend, die die Beklagte nicht beglich. Im Urkundenprozess betritt die Beklagte die Flächenwerte bestritten. Das AG wies die Klage daraufhin als im Urkundenprozess unstatthaft ab; das LG gab ihr antragsgemäß statt. Die Revision der Beklagten blieb vor dem BGH erfolglos.

Gründe:
Ansprüche des Vermieters auf Betriebskostennachzahlungen aus Wohnraummietverträgen können im Urkundenprozess geltend gemacht werden. Das entspricht der ganz überwiegenden Meinung im Schrifttum. Die Statthaftigkeit des Urkundenprozesses setzt nicht voraus, dass auch unstreitige Anspruchsvoraussetzungen mit Urkunden bewiesen werden. Vielmehr bedürfen unstreitige, zugestandene oder offenkundige Tatsachen auch im Urkundenverfahren, abgesehen von dem hier nicht gegebenen Fall der Säumnis der beklagten Partei, keines Beweises und somit auch keiner Urkundenvorlage.

Infolgedessen hatte der Kläger im vorliegenden Fall seinen Anspruch auf Nachzahlung von Betriebskosten ausreichend mit Urkunden belegt. Der Vorlage weiterer Urkunden, etwa zur Wohnflächenberechnung, bedurfte es im Streitfall nicht. Der Vermieter muss die Richtigkeit der Betriebskostenabrechnung erst auf wirksames Bestreiten durch den Mieter beweisen, wobei im Urkundenprozess die Beweismittelbeschränkung der § 592 S. 1, § 595 Abs. 2 ZPO zu beachten ist. Das Bestreiten der Flächenwerte durch die Beklagte war allerdings unsubstantiiert und damit gem. § 138 Abs. 3 ZPO unbeachtlich.

Nach allgemeinen Grundsätzen trägt zwar der Vermieter, der eine Betriebskostennachforderung erhebt, die Darlegungs- und Beweislast für die Flächenansätze. Wenn er jedoch - wie hier - bestimmte Flächenwerte vorträgt, genügt dies den Anforderungen an eine substantiierte Darlegung. Der sodann erklärungsbelastete Mieter muss - soll sein Vortrag beachtlich sein - auf die Behauptungen des Vermieters grundsätzlich ebenfalls substantiiert (d.h. mit näheren positiven Angaben) erwidern. Mit bloßem Bestreiten darf der Mieter sich nur bei pauschalem Vorbringen des Vermieters begnügen.

Unabhängig davon, ob die Größe der gemieteten Wohnung in der Mietvertragsurkunde angegeben ist oder nicht, ist es dem Mieter in aller Regel selbst möglich, die Wohnfläche der gemieteten Wohnung zu vermessen und seinerseits einen bestimmten Flächenwert vorzutragen. Substantiiertes Bestreiten verlangt nicht, dass der Mieter sich an einer bestimmten Berechnungsmethode, etwa den Vorgaben der Wohnflächenverordnung, orientiert, zumal die Berechnung etwa bei Dachgeschosswohnungen aufgrund von Schrägen und Winkeln kompliziert sein kann. Um die vom Vermieter vorgetragenen Quadratmeterzahlen wirksam zu bestreiten, genügt es vielmehr, wenn ihm der Mieter das Ergebnis einer laienhaften, im Rahmen seiner Möglichkeiten liegenden Vermessung entgegen hält, was die Beklagte jedoch versäumte.

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