21.08.2015

Kein Nachweis der innergemeinschaftlichen Lieferung durch Zeugen

Ein Unternehmer darf den ihm obliegenden sicheren Nachweis der materiellen Tatbestandsmerkmale einer innergemeinschaftlichen Lieferung auch jenseits der formellen Voraussetzungen gem. § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV nicht in anderer Weise als durch Belege und Aufzeichnungen führen. Ein Beweis durch Zeugen kommt als Ersatz für den gesetzlich vorgesehenen Buch- und Belegnachweis grundsätzlich nicht in Betracht, und zwar weder von Amts wegen noch auf Antrag.

BFH 19.3.2015, V R 14/14
Der Sachverhalt:
Der Kläger fakturierte in den Streitjahren 2001 bis 2004 Gegenstände an eine in Italien ansässige Firma. Im Anschluss an eine Außenprüfung ging das Finanzamt davon aus, dass die Lieferungen an die Firma steuerpflichtig seien und erließ für die Streitjahre geänderte Umsatzsteuerbescheide.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Es war der Ansicht, die Lieferungen seien nicht nach § 6a UStG als innergemeinschaftliche Lieferungen steuerfrei. Schließlich habe der Kläger den Belegnachweis nicht erbracht. Dieser ergebe sich nicht aus den Frachtbriefen. Im Streitfall lägen Beförderungen, nicht aber Versendungen durch Beauftragung selbständig tätiger Dritter vor.

Der Kläger war der Auffassung, der Geschäftsführer der italienischen Firma, der als Zeuge angeboten worden war, habe die Beförderung nach Italien nachträglich bestätigt. Es sei bestätigt worden, dass "der Transport der Waren nach Italien erfolgte" und sämtliche Waren dem italienischen Unternehmen zugeführt worden seien. Der Bestimmungsort ergebe sich aus den Rechnungsanschriften. Das FG hätte den in der Verhandlung präsenten Zeugen vernehmen müssen. Die Revision des Klägers vor dem BFH blieb jedoch erfolglos.

Gründe:
Das FG hatte zu Recht entschieden, dass die Lieferungen des Klägers nicht als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei sind.

Der Unternehmer hat die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 S. 1 UStG gem. § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV beleg- und buchmäßig nachzuweisen. Diesen Buch- und Belegnachweis hatte der Kläger jedoch nicht erbracht. Der Unternehmer soll gem. § 17a Abs. 2 UStDV in den Fällen, in denen er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert, den Nachweis führen

  • "durch das Doppel der Rechnung (§§ 14, 14a des Gesetzes),
  • durch einen handelsüblichen Beleg, aus dem sich der Bestimmungsort ergibt, insbesondere Lieferschein,
  • durch eine Empfangsbestätigung des Abnehmers oder seines Beauftragten sowie
  • in den Fällen der Beförderung des Gegenstands durch den Abnehmer durch eine Versicherung des Abnehmers oder seines Beauftragten, den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu befördern".

Die im vorliegenden Fall zunächst erteilten Frachtbriefe wiesen entweder keine Bestimmungsorte oder lediglich Bestimmungsorte im Inland auf. Da sich der Mitgliedstaat der Erwerbsbesteuerung nach dem Bestimmungsort der Lieferung richtet, ist diese Angabe mit Blick auf die Korrespondenz von innergemeinschaftlicher Lieferung und innergemeinschaftlichem Erwerb nicht verzichtbar. Soweit in den Frachtbriefen vereinzelt Bestimmungsorte in Frankreich oder Italien benannt waren, kam dem im Hinblick auf die vom FG zusätzlich festgestellte Unklarheit über die Person des Belegausstellers keine Bedeutung zu. Einen Sonderfall, bei dem als Bestimmungsort der Unternehmensort des Abnehmers der Lieferung anzusehen ist, hatte das FG im Hinblick auf die unterschiedlichen Auslieferungsorte, die - soweit die Frachtbriefe überhaupt Angaben zu den Bestimmungsorten enthielten - nach den Frachtbriefen in verschiedenen Mitgliedstaaten und dabei zum Teil im Inland lagen, zutreffend verneint. Ebenso enthielt die nachträglich erstellte Bestätigung keine Angaben zu den Bestimmungsorten der einzelnen Lieferungen.

Auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz führte zu keinem anderen Ergebnis. Denn der Unternehmer ist grundsätzlich nicht berechtigt, den ihm obliegenden sicheren Nachweis der materiellen Anforderungen in anderer Weise als durch Belege und Aufzeichnungen zu führen. Ein Beweis durch Zeugen kommt als Ersatz für den gesetzlich vorgesehenen Buch- und Belegnachweis grundsätzlich nicht in Betracht, und zwar weder von Amts wegen noch auf Antrag. Nur wenn der Formalbeweis ausnahmsweise nicht oder nicht zumutbar geführt werden kann, gebietet es der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, den Nachweis auch in anderer Form zuzulassen. Im vorliegenden Fall waren aber keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Kläger an der Führung des Buch- und Belegnachweises gehindert gewesen oder dieser für ihn unzumutbar gewesen sein könnte.

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