17.03.2015

Zur Unwirksamkeit einer Schadenspauschalierung in den AGB eines Freizeitbades hinsichtlich der Verlustes eines zur Zahlung eingesetzten Armbandchips

Eine in den AGB des Betreibers eines Freizeitbades enthaltene Schadenspauschalierung für den Fall, dass ein dem Kunden zum erleichterten Bezug von Leistungen übergebenes Armband mit Chip verloren geht, ist unwirksam, wenn der dabei geltend gemachte Betrag der jeweils mit dem Chip eingeräumten Kreditlinie, also dem maximal denkbaren Schaden, entspricht. Dies würde voraussetzen, dass im Fall des Verlusts regelmäßig Leistungen im Umfang des gesamten mit dem Chip eingeräumten Höchstbetrags in Anspruch genommen wurden; dies ist nicht der Fall.

BGH 18.2.2015, XII ZR 199/13
Der Sachverhalt:
Der Kläger, ein in der vom Bundesamt für Justiz gem. § 4 Abs. 1 UKlaG geführten Liste qualifizierter Einrichtungen eingetragener Verbraucherschutzverein, begehrt von der Beklagten die Unterlassung der Verwendung bestimmter AGB.

Die Beklagte betreibt ein überregional bekanntes Freizeitbad. Der Eintritt für das Bad ist beim Betreten zu zahlen. Für weitere Leistungen stellt die Beklagte den Kunden ein Armband mit einem Chip zur Verfügung, der auch zum Öffnen und Verschließen eines Garderobenschranks dient. Kunden, die eine Leistung (Getränke, Essen, Sonderleistungen) in Anspruch nehmen, müssen den Chip scannen lassen, was im zentralen Computer der Beklagten erfasst und auf einem entsprechend eingerichteten Kundenkonto verbucht wird. Bis zur Grenze von 150 € für Erwachsene und 35 € für Kinder können die Kunden Leistungen in Anspruch nehmen, die unter Vorlage des Chips erst beim Verlassen des Bades zu bezahlen sind. Die Kunden können die Kreditlinie erhöhen oder ermäßigen lassen.

Die Einzelheiten der vertraglichen Nutzung sind durch von der Beklagten verwendete AGB bestimmt. Der Kläger beanstandet die darin enthaltene Regelung für einen Verlust des Armbands. Die betreffende Klausel hat folgenden Wortlaut:

"3.8. Bei Verlust des Armbandes mit Chip hat der Besucher den jeweils eingeräumten Kredit zu entrichten. Dem Besucher bleibt der Nachweis eines niedrigeren, [der Beklagten] der Nachweis eines höheren Schadens vorbehalten. Der Besucher kann den Nachweis insbesondere dadurch führen, dass er die ihm zugewiesene Nummer des Garderobenschranks glaubhaft macht, mit der der Stand des Kontos ermittelt werden kann."

Der Kläger verlangt die Unterlassung der Verwendung des Satzes 1 der vorstehenden Klausel. Er hat weitere Ansprüche geltend gemacht, die sich u.a. auf Kostenerstattung richten.

Das LG wies die Klage ab; das OLG gab ihr weitestgehend statt. Die Revision der Beklagten hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Mit Recht verlangt der Kläger gem. § 1 UKlaG von der Beklagten die Unterlassung der Verwendung von Nr. 3.8 S. 1 AGB. Die Klausel ist sowohl nach § 309 Nr. 5 lit. a BGB als auch nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.

Die Klausel ist nach § 309 Nr. 5 lit. a BGB unwirksam, weil der auf die Höhe des vollen Kreditbetrages (150 € bzw. 35 €) pauschalierte Schadensersatz den nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden übersteigt. Die in Nr. 3.8 AGB geregelte Zahlungspflicht des Kunden gegenüber der Beklagten ist als Schadensersatzpflicht einzuordnen. Dem auf den Verlustfall zugeschnittenen Anspruch kommt auch nicht teilweise Entgeltfunktion zu. Denn die vor dem Verlust noch vom Kunden selbst in Anspruch genommenen Leistungen lassen sich wegen des nicht vorliegenden Chips nicht ermitteln. Auch insoweit handelt es sich demnach um einen durch die Klausel pauschalierten Schadensersatz. Sind die in Anspruch genommenen Leistungen des Kunden hingegen auf andere Weise als durch Vorlage des Chips zu ermitteln, so mangelt es an einem Schaden der Beklagten, weil diese insoweit ihren vertraglichen Entgeltanspruch geltend machen kann.

Das OLG ist zu Recht davon ausgegangen, dass der von der Klausel vorgesehene Schadensersatz den nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden übersteigt. Die Beweislast für einen dem pauschalierten Betrag nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden trägt der Klauselverwender. Er muss nachweisen, dass der vereinbarte Betrag dem typischen Schadensumfang entspricht. Vorliegend entspricht der von der Beklagten geltend gemachte Betrag in Höhe der jeweiligen Kreditlinie hingegen dem maximal denkbaren Schaden und würde daher voraussetzen, dass im Fall des Verlusts regelmäßig Leistungen im Umfang des gesamten mit dem Chip eingeräumten Höchstbetrags in Anspruch genommen wurden. Dies ist, wenn man entsprechend dem Geltungsbereich der Schadenspauschalierung sämtliche Verlustfälle in den Blick nimmt, jedoch nicht der Fall.

Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Annahme des OLG, die Klausel begründe eine Haftung auch für einen unverschuldeten Verlust und sei damit auch wegen Verstoßes gegen wesentliche Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Nach ständiger BGH-Rechtsprechung ist es ein wesentlicher Grundgedanke der gesetzlichen Regelung i.S.v. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, dass eine Verpflichtung zum Schadensersatz regelmäßig nur bei schuldhaftem Verhalten besteht. Dieser allgemeine Grundsatz des Haftungsrechts gilt als Ausdruck des Gerechtigkeitsgebots gleichermaßen für vertragliche wie für gesetzliche Ansprüche, also auch für den hier berührten Anspruch aus Pflichtverletzung nach § 280 Abs. 1 S. 1 BGB.

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