14.11.2012

Auch ohne Grund: Arbeitgeber dürfen schon am ersten Krankheitstag ein ärztliches Attest verlangen

Arbeitgeber dürfen gem. § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG vom Arbeitnehmer schon am ersten Tag einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit die Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verlangen. Die Ausübung dieses Rechts ist nicht an besondere Voraussetzungen gebunden und steht im Ermessen des Arbeitgebers. Hierfür ist insbesondere kein Verdacht erforderlich, dass der Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeit nur vortäuscht.

BAG 14.11.2012, 5 AZR 886/11
+++ Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist bei der beklagten Rundfunkanstalt, dem WDR, als Redakteurin beschäftigt. Sie hatte für den 30.11.2010 einen Dienstreiseantrag gestellt, dessen Bewilligung am 29.11.2010 abgelehnt worden war. Am 30.11.2011 meldete sich die Klägerin krank und erschien am Folgetag wieder zur Arbeit. Daraufhin forderte die Beklagte die Klägerin auf, künftig schon am ersten Tag der Krankmeldung einen Arzt aufzusuchen und ein entsprechendes Attest vorzulegen.

Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin den Widerruf dieser Weisung. Zur Begründung machte sie geltend, dass ein Arbeitgeber nur dann bereits für den ersten Krankheitstag die Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verlangen dürfe, wenn es hierfür eine sachliche Rechtfertigung gebe. Daran fehle es in ihrem Fall; es bestehe insbesondere kein Missbrauchsverdacht. Im Übrigen berief sie sich auf den für die Beklagte geltenden Tarifvertrag, der ein derartiges Recht nicht vorsehe.

Die Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.

+++ Die Gründe:
Die Beklagte durfte die Klägerin anweisen, künftig bereits am ersten Krankheitstag eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen.

Zwar sieht § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG vor, dass der Arbeitnehmer erst dann eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer vorlegen muss, wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage andauert. Nach Satz 3 dieser Vorschrift sind Arbeitgeber aber berechtigt, die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung auch schon früher zu verlangen. Hieraus folgt ein Recht des Arbeitgebers, schon von dem ersten Tag der Erkrankung an die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu verlangen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin hängt die Ausübung dieses Rechts nicht von weiteren Voraussetzungen ab. Sie steht vielmehr im Ermessen des Arbeitgebers. Insbesondere ist es nicht erforderlich, dass gegen den Arbeitnehmer ein begründeter Verdacht besteht, er habe in der Vergangenheit eine Erkrankung nur vorgetäuscht.

Danach darf die Beklagte von der Klägerin die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung bereits am ersten Krankheitstag verlangen. Dem steht auch der für die Beklagte geltende Tarifvertrag nicht entgegen. Eine tarifliche Regelung beschränkt das Recht des Arbeitgebers aus § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG nur dann, wenn sie dieses ausdrücklich ausschließt. Das war vorliegend nicht der Fall.

+++ Linkhinweis:
Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BAG veröffentlicht. Für die Pressemitteilung des BAG klicken Sie bitte hier.

BAG PM Nr. 78 vom 14.11.2012
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