01.10.2014

Berücksichtigung eines biometrischen Faktors bei der Anpassung von Betriebsrenten unzulässig

Arbeitgeber (hier: ein Mitgliedsunternehmen des Essener Verbands) dürfen bei der Entscheidung über die Anpassung von Betriebsrenten nicht anspruchsmindernd berücksichtigen, dass die Gruppe der betroffenen Betriebsrentenbezieher im Durchschnitt länger lebt als die Bezieher von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Berücksichtigung eines solchen biometrischen Faktors entspricht nicht mehr billigem Ermessen (§ 315 Abs. 1 BGB).

BAG 30.9.2014, 3 AZR 402/12
Der Sachverhalt:
Der Kläger erhält seit dem 1.1.1998 von seiner ehemaligen Arbeitgeberin ein Ruhegeld nach der Leistungsordnung "A" des Essener Verbands. Hiernach hat der Essener Verband die von seinen Mitgliedsunternehmen gewährten Betriebsrenten regelmäßig zu überprüfen und ggf. den veränderten Verhältnissen anzupassen.

Das Ruhegeld wurde in den vergangenen Jahren jeweils zum 1. Januar eines jeden Kalenderjahres angehoben. Zum 1.1.2008 erfolge eine Anhebung um 1,4 Prozent und zum 1.1.2009 um 2,5 Prozent. Zu beiden Anpassungsstichtagen brachte der Essener Verband einen biometrischen Faktor i.H.v. 0,765 Prozent mindernd in Ansatz. Dies begründete er mit der "durchschnittlichen Längerlebigkeit" der Essener Verbandsrentner gegenüber dem durchschnittlichen Sozialversicherungsrentner. Daher bestehe ein höherer finanzieller Aufwand für die Versorgungsverpflichtungen.

Mit seiner Klage wandte sich der Kläger gegen die Berücksichtigung des biometrischen Faktors bei der Anpassungsentscheidung und begehrte eine Anhebung seines monatlichen Ruhegeldes zum 1.1.2008 und 1.1.2009 um jeweils 0,765 Prozent. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab; das LAG gab ihr im Wesentlichen statt. Hiergegen legten sowohl die Beklagte als der Kläger Revision bzw. Anschlussrevision ein. Letztere hatte vor dem BAG Erfolg und führte zu einer Stattgabe der Klage in vollem Umfang.

Die Gründe:
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Anhebung seines monatlichen Ruhegelds zum 1.1.2008 und 1.1.2009 um jeweils 0,765 Prozent. Der sog. biometrische Faktor darf bei der Anpassung der Betriebsrenten nicht berücksichtigt werden.

Entscheidungen über die Anpassung einer Betriebsrente müssen billigem Ermessen entsprechen (§ 315 Abs. 1 BGB). Dies ist nicht der Fall, wenn der Essener Verband den von ihm ermittelten Anpassungsbedarf der Betriebsrentner um einen sog. biometrischen Faktor mindert, mit dem die höheren Belastungen der Mitgliedsunternehmen ausgeglichen werden sollen, die dadurch entstehen, dass die Betriebsrentner des Essener Verbands länger leben als die Bezieher von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

Linkhinweise:
Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BAG veröffentlicht. Für die Pressemitteilung des BAG klicken Sie bitte hier.

BAG PM Nr. 51 vom 30.9.2014
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