31.01.2024

Gerichtliche Zuständigkeit: Erfüllungsort in der Passivphase der Altersteilzeit

Auch in der Passivphase der Altersteilzeit bleibt es beim Grundsatz des einheitlichen Erfüllungsortes von Arbeitsleistung und Vergütung. Die in der Passivphase fehlende Verpflichtung, die Arbeitsleistung erbringen zu müssen, stellt keinen Umstand i.S.d. § 269 Abs. 1 BGB dar, der dazu führt, als Leistungsort den Sitz der Arbeitgeberin anzunehmen.

LAG Hamm v. 4.1.2024 - 1 SHa 21/23
Der Sachverhalt:
Mit ihrer am 18.9.2023 bei dem Arbeitsgericht Herne anhängig gewordenen Klage hatte die Klägerin von der Beklagten, die ihren Sitz in Bayern hat, Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie i.H.v. 3.000 €. Dazu stützt sich die Klägerin auf einen "Tarifvertrag über eine einmalige Sonderzahlung gem. § 3 Nr. 11c Einkommensteuergesetz" vom 24.4.2023.

Nach § 1 Abs. 2 S. 3 dieses Tarifvertrags erhalten "Arbeitnehmer, die sich zum 31.5.2023 in der Passivphase der Altersteilzeit oder im Vorruhestand befinden", keine Zahlung. Die Klägerin befindet sich ausweislich einer Altersteilzeitvereinbarung vom 2.9.2019 in der Passivphase der Altersteilzeit, die am 1.4.2023 begann und bis zum 31.3.2024 andauert. Sie hielt den Anspruchsausschluss für rechtsunwirksam.

Das Arbeitsgericht Herne hat sich mit unanfechtbarem Beschluss für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht München verwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, seine örtliche Zuständigkeit folge weder aus § 29 Abs. 1 ZPO noch aus § 48 Abs. 1a) ArbGG. Die Klägerin befände sich in der passiven Phase der Altersteilzeit. Sie müsse daher weder eine Arbeitsleistung in B erbringen noch existiere ein letzter gewöhnlicher Arbeitsort. Auch das Arbeitsgericht München hat sich für örtlich unzuständig erklärt und das LAG Hamm nach den §§ 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG, 36 Abs. 1 Ziff. 6 ZPO um Bestimmung des örtlich zuständigen Arbeitsgerichts ersucht. Dieses hat das Arbeitsgericht Herne als örtlich zuständig bestimmt.

Die Gründe:
Die örtliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Herne ergab sich aus den §§ 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG, 29 Abs. 1 ZPO. Es ist das Gericht des Erfüllungsortes. Offenbleiben konnte, ob die Zuständigkeit darüber hinaus noch unter dem Gesichtspunkt des Gerichtsstands der Niederlassung oder des gewöhnlichen Arbeitsortes auch auf §§ 46 Abs. 2 S. 1 ArbG, 17 Abs. 1 ZPO oder § 48 Abs. 1a) ArbGG gestützt werden kann.

Anzumerken war lediglich, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des Gerichtsstands des gewöhnlichen Arbeitsorts gem. § 48 Abs. 1a ArbGG Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eine Klageerhebung erleichtern, nicht erschweren wollte. Ihnen soll neben den ansonsten bereits bestehenden Gerichtsständen zur erleichterten Klageerhebung der zusätzliche Gerichtsstand des Arbeitsortes an die Seite gestellt werden, an dem sie ihre Arbeitsleistung erbringen (BT-Drucksache 16/776 S. 14). Erkennbar wird, dass der Gesetzgeber jedenfalls keinen Ausschluss eines bisher unter dem Gesichtspunkt des Erfüllungsortes bereits gegebenen Gerichtstand über die Regelung des § 48 Abs. 1a ArbGG bewirken wollte.

Der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsortes i.S.d. §§ 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG, 29 Abs. 1 ZPO legt für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis das Gericht des Ortes als zuständig fest, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist. Das ist für die Zahlung der Forderung, die die Klägerin als Inflationsausgleichsprämie einklagt, das Arbeitsgericht Herne. Auch in der Passivphase der Altersteilzeit bleibt es beim Grundsatz des einheitlichen Erfüllungsortes von Arbeitsleistung und Vergütung. Die in der Passivphase fehlende Verpflichtung, die Arbeitsleistung erbringen zu müssen, stellt keinen Umstand i.S.d. § 269 Abs. 1 BGB dar, der dazu führt, als Leistungsort den Sitz der Arbeitgeberin anzunehmen.

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