13.04.2011

Nach Altersstufen gestaffelte Sozialplan-Abfindungen verstoßen nicht gegen EU-Recht

Nach § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG dürfen bei der Bemessung der Abfindungshöhe in Sozialplänen Altersstufen gebildet werden, weil ältere Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt typscherweise schlechtere Chancen haben als jüngere. Diese Vorschrift ist mit dem Verbot der Altersdiskriminierung im Recht der Europäischen Union vereinbar und erlaubt es auch, die höchste Abfindung bereits ab Vollendung des 40. Lebensjahres  zu gewähren.

BAG 12.4.2011, 1 AZR 764/09
Der Sachverhalt:
Die beklagte Arbeitgeberin einigte sich im Rahmen einer Umstrukturierung des Unternehmens mit dem bei ihr gebildeten Betriebsrat auf einen Sozialplan. Die Höhe der vorgesehenen Abfindungen sollte nach der Betriebszugehörigkeit und dem Bruttomonatsgehalt berechnet werden, wobei sich die Abfindung
  • bis zum 29. Lebensjahr eines Arbeitnehmers auf 80 %,
  • ab dem 30. bis zum 39. Lebensjahr auf 90 % und
  • ab dem 40. Lebensjahr auf 100 %

des zu errechnenden Betrags belaufen sollte.

Die Klägerin war im Zeitpunkt der Kündigung 38 Jahre alt und erhielt daher 90 % des aus ihrer Betriebszugehörigkeit und ihres Bruttomonatsverdienstes errechneten Abfindungsbetrags. Mit ihrer Klage verlangte sie eine Aufstockung der Leistung auf 100 %. Zur Begründung machte sie geltend, dass es keinen sachlichen Grund gebe, Arbeitnehmern nach Vollendung des 40. Lebensjahres den vollen Abfindungsbetrag und jüngeren Arbeitnehmern nur eine gekürzte Abfindung zu gewähren. Hinsichtlich der Chancen auf dem Arbeitsmarkt ergebe sich kein signifikanter Unterschied.

Die Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung der Differenz zwischen der gezahlten und der ungekürzten Abfindung.

Durch die im Sozialplan gebildeten Altersstufen werden jüngere Arbeitnehmer zwar anders behandelt als ältere. Diese Ungleichbehandlung ist aber gem. § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG gerechtfertigt. Denn hiernach dürfen Arbeitgeber und Betriebsrat bei der Bemessung der Abfindungshöhe in einem Sozialplan Altersstufen bilden, weil ältere Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt typischerweise größere Schwierigkeiten haben eine Anschlussbeschäftigung zu finden als jüngere.

Die konkrete Ausgestaltung der Altersstufen im Sozialplan unterliegt nach § 10 Satz 2 AGG einer Verhältnismäßigkeitsprüfung: Sie muss geeignet und erforderlich sein, das von § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG verfolgte Ziel tatsächlich zu fördern, und darf die Interessen der benachteiligten Altersgruppen nicht unangemessen vernachlässigen. Diese Regelung ist auch mit dem Verbot der Altersdiskriminierung im Recht der Europäischen Union vereinbar.

Nach diesen Grundsätzen durften die Betriebsparteien im Streitfall davon ausgehen, dass die Arbeitsmarktchancen der über 40jährigen Mitarbeiter typischerweise schlechter sind als die der 30 bis 39jährigen. Die vereinbarten Abschläge für jüngere Arbeitnehmer sind auch nicht unangemessen.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BAG veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BAG klicken Sie bitte hier.
BAG PM Nr. 28 vom 12.4.2011
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