31.10.2014

Ehescheidungskosten sind nach wie vor steuerlich absetzbar

Mit der Übernahme der Formulierung "Aufwendungen für Prozesse mit existentieller Bedeutung" in § 33 Abs. 2 S. 4 EStG hat der Gesetzgeber offensichtlich auch die dem BFH-Urteil zugrunde liegenden Wertungen - einschließlich der Anerkennung der Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastung - übernommen. Demgegenüber sind nach der Neuregelung ab 2013 die Scheidungsfolgekosten nicht als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig.

FG Rheinland-Pfalz 16.10.2014, 4 K 1976/14
Der Sachverhalt:
In dem vorliegenden Fall machte der Kläger sowohl Scheidungskosten als auch Scheidungsfolgekosten als außergewöhnliche Belastungen geltend. Insofern musste das FG Rheinland-Pfalz als erstes Finanzgericht über die Frage entschieden, ob Scheidungskosten nach der ab 2013 geltenden Neuregelung des § 33 Abs. 2 S. 4 EStG (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz) als außergewöhnliche Belastung steuermindernd berücksichtigt werden können. Danach sind Prozesskosten grundsätzlich vom Abzug ausgeschlossen und nur ausnahmsweise steuerlich anzuerkennen, wenn der Steuerpflichtige ohne diese Aufwendungen Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

Das FG hat der Klage nur hinsichtlich der Prozesskosten für die Ehescheidung stattgegeben, sie im Übrigen aber abgewiesen. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Die gesetzliche Bestimmung, nach der Aufwendungen für Prozesse mit existentieller Bedeutung für den Steuerpflichtigen abzugsfähig sind, geht auf eine Formulierung in einem BFH-Urteil aus dem Jahr 1996 zurück, in dem gerade die ständige Rechtsprechung zur Abzugsfähigkeit von Scheidungskosten bestätigt wurde. Mit der Übernahme dieser Formulierung in § 33 Abs. 2 S. 4 EStG hat der Gesetzgeber offensichtlich auch die dem BFH-Urteil zugrunde liegenden Wertungen - einschließlich der Anerkennung der Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastung - übernommen. Für einen Steuerpflichtigen ist es grundsätzlich existentiell, sich aus einer zerrütteten Ehe lösen zu können. Die Kosten der Ehescheidung, die nur durch einen zivilgerichtlichen Prozess herbeigeführt werden können, sind deshalb für den Betroffenen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig.

Dieses Ergebnis entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, der mit der Verschärfung der Abzugsvoraussetzungen in § 33 Abs. 2 S. 4 EStG lediglich die für zu weitgehend erachtete neue Rechtsprechung des VI. Senats des BFH aus dem Jahr 2011 zur Anerkennung von Prozesskosten auch für beliebige (nicht aussichtslose) Prozesse als außergewöhnliche Belastung hat korrigieren und die bis zu dieser Rechtsprechungsänderung bestehende Rechtslage wiederherstellen wollen. So ergibt sich aus einer Stellungnahme des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren das Ziel, die Anerkennung von Prozesskosten auf den "bisherigen engen Rahmen" zu beschränken. Hierzu haben die unmittelbaren Kosten eines Scheidungsprozesses stets gezählt.

Demgegenüber sind nach der Neuregelung ab 2013 die Scheidungsfolgekosten nicht als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig. Nach der bisherigen BFH-Rechtsprechung, die für das neue Familienrecht entsprechend gilt, sind Prozesskosten im Zusammenhang mit den Folgesachen Unterhalt, Ehewohnung und Haushalt, Güterrecht, Sorgerecht, Umgangsrecht nicht als zwangsläufig i.S.d. § 33 EStG anzusehen. Diese Folgesachen werden nicht zwingend, sondern nur auf Antrag eines Ehepartners mit dem Scheidungsverfahren zusammen - im Zwangsverbund - verhandelt und entschieden. Sie können auch in einer außergerichtlichen Scheidungsfolgenvereinbarung geregelt werden. Die geänderte Rechtsprechung des VI. Senats des BFH aus dem Jahr 2011 ist daher ab dem Veranlagungszeitraum 2013 durch die gesetzliche Verschärfung der Abzugsvoraussetzungen überholt.

FG Rheinland-Pfalz PM vom 31.10.2014
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