30.01.2015

Unentgeltlichkeit bei kostenlos ausgeführten Leistungen gegen Vorlage eines zuvor in Umlauf gegebenen Gutscheins

Gibt ein Unternehmer einen Gutschein in Umlauf, der dessen Besitzer berechtigt, eine Leistung des Unternehmers kostenlos in Anspruch zu nehmen, liegt in der Regel kein entgeltlicher Leistungsaustausch vor. Bei Umsätzen aus dem Betrieb von Geldspielautomaten, die aufgrund zwingender gesetzlicher Vorschriften einen bestimmten Prozentsatz der Spieleinsätze der Spieler als Gewinne auszahlen, besteht die vom Betreiber für die Bereitstellung der Automaten tatsächlich erhaltene Gegenleistung nur in dem Teil der Einsätze, über den er effektiv selbst verfügen kann.

BFH 19.11.2014, V R 55/13
Der Sachverhalt:
Die Klägerin betreibt mehrere Spielhallen, in denen auch Geldspielgeräte stehen. Ihre Umsätze versteuert sie nach vereinbarten Entgelten. Erstmals im Jahr 2007 verteilte die Klägerin anlässlich der Neueröffnung einer Spielhalle über Zeitungsanzeigen und Auslage in Geschäften sog. "Test Coupons" i.H.v. jeweils 100 €. Der Text des Coupon-Abschnittes lautete wie folgt:
"TEST COUPON 100,- EURO CASINO B - Täglich nur 10,- Euro einlösbar - Pro Person nur 1 Coupon - Gültig bis 31.03.2007 oder bis auf Widerruf - Keine Barauszahlung - Nur zur Freimünzung an Geldspielgeräten bei Vorlage dieses Coupons - Für alle ab 18 Jahren!!!"

Eingelöst wurden die Test-Coupons, indem nach Ausweiskontrolle der Betrag von 100 € einem auf den Namen des Kunden eingerichteten Konto gutgeschrieben und eine Kundenkarte ausgegeben wurde. Pro Tag und Kunde konnte unter Vorlage der Kundenkarte nur ein Betrag von 10 € abgerufen werden. Der Kunde bestätigte jeweils schriftlich den Erhalt des Gutscheinbetrages von 10 €. Sodann wurde das vom Kunden gewählte Gerät i.H.v. 10 € "freigemünzt", indem ein Mitarbeiter der Klägerin einen entsprechenden Geldbetrag in den Automaten einwarf.

In der Steuererklärung 2007 erklärte die Klägerin u.a. Umsätze aus den Geldspielautomaten i.H.v. rd. 1,7 Mio. € und machte "Erlösschmälerungen" aus den Freimünzungsumsätzen i.H.v. rd. 640.000 € geltend. Das Finanzamt erkannte im Umsatzsteuerbescheid 2007 diese "Erlösschmälerungen" nicht an.

Das FG wies die Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Die Gründe:
Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass es sich bei der Einräumung der Spielmöglichkeit an Geldspielgeräten der Klägerin in den Fällen der "Freimünzung" gegen Vorlage eines Test-Coupons um sonstige Leistungen gegen Entgelt gehandelt hat. Die Feststellungen des FG reichen nicht aus, um über die Sache abschließend entscheiden zu können.

Die Klägerin erbringt im Rahmen der Freimünzungen keine entgeltlichen Leistungen i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Eine Gegenleistung des Kunden liegt nicht in dem aufgrund des Test-Coupons gutgeschriebenen Betrag, den er "einsetzen" muss, um die Spielmöglichkeit zu erreichen. Der Vorgang erschöpft sich wirtschaftlich vielmehr darin, dass der Kunde zehn Mal für jeweils 10 € "umsonst" spielen darf. Soweit in den angefochtenen Umsatzsteuerbescheiden Freimünzungen als Entgelte in die Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer eingeflossen sind, ist die Bemessungsgrundlage entsprechend zu mindern. Auf der Grundlage der Feststellungen des FG lässt sich der Umfang der erforderlichen Minderung der Bemessungsgrundlage aber nicht ermitteln.

Die Feststellungen des FG reichen nicht aus, um entscheiden zu können, mit welchem Betrag sich die Umsätze aus den Freimünzungen im Umsatzsteuerbescheid 2007 umsatzsteuerlich ausgewirkt haben, weil das FG keine Feststellungen dazu getroffen hat, auf welche Art und Weise die Klägerin ihre Umsätze in den Streitjahren ermittelt hat. Nach der Rechtsprechung des EuGH besteht bei Umsätzen aus dem Betrieb von Geldspielautomaten, die aufgrund zwingender gesetzlicher Vorschriften einen bestimmten Prozentsatz der Spieleinsätze der Spieler als Gewinne auszahlen, die vom Betreiber für die Bereitstellung der Automaten tatsächlich erhaltene Gegenleistung nur in dem Teil der Einsätze, über den er effektiv selbst verfügen kann.

Gem. § 12 Abs. 2 Buchst. a SpielV in der im Streitjahr geltenden Fassung war Zulassungsvoraussetzung für Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit, dass Gewinne in solcher Höhe ausgezahlt wurden, dass bei langfristiger Betrachtung kein höherer Betrag als 33 € je Stunde als Kasseninhalt verblieb. Vorliegend sind die Freimünzungen nicht in voller Höhe, sondern mit dem im Streitjahr 2007 einschlägigen, um die Gewinnausschüttungen bereinigten geringeren Anteil in die Bemessungsgrundlage eingeflossen sind. Um diesen vom FG noch zu ermittelnden Anteil, nicht um den Gesamtbetrag der Freimünzungen, ist die Bemessungsgrundlage 2007 zu reduzieren. Es besteht kein Grund, die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer in einem höheren Maße herabzusetzen, als sie zuvor zu Unrecht vom Finanzamt durch die Freimünzungen erhöht worden ist.

Linkhinweis:

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