29.05.2013

Zum Anspruch des Insolvenzverwalters gegen das Finanzamt auf Erteilung eines Kontoauszugs für den Insolvenzschuldner

Ein Insolvenzverwalter, der im Besteuerungsverfahren vom Finanzamt einen Kontoauszug für den Insolvenzschuldner verlangt, hat lediglich einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung. Es reicht vor allem nicht aus, wenn der Insolvenzverwalter die Auskunft im Hinblick auf die ordnungsgemäße Bearbeitung des Insolvenzverfahrens beantragt.

BFH 19.3.2013, II R 17/11
Der Sachverhalt:
Der Kläger war Verwalter in einem Insolvenzverfahren über das Vermögen des R., einem Rechtsanwalt, dem im Dezember 2005 die Zulassung entzogen worden war. Im April 2006 meldete das Finanzamt Forderungen i.H.v. 180.210 € gegen den R. unter Beifügung einer Aufstellung aller offenen Steuerverbindlichkeiten und steuerlichen Nebenleistungen beim Kläger zur Insolvenztabelle an. Im Gegenzug beantragte der Kläger beim Finanzamt die Erteilung eines Kontoauszugs für R., um die ordnungsgemäße Bearbeitung des Insolvenzverfahrens sicherstellen zu können.

Diesen Antrag lehnte die Steuerbehörde ab. Zur Begründung wies es u.a. darauf hin, dass sich der Auskunftsanspruch des Insolvenzverwalters auf Informationen beschränke, auf deren Mitteilung der Schuldner ohne Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen Rechtsanspruch gehabt hätte. Der Insolvenzverwalter müsse mögliche der Anfechtung unterliegende Rechtshandlungen anhand der zur Verfügung stehenden Unterlagen selbst ermitteln. Er habe grundsätzlich keinen Anspruch auf Erteilung von Übersichten oder Aktenauszügen, aus denen der Zufluss von Zahlungen an das Finanzamt ersichtlich sei.

Das FG wies die hiergegen erhobene Sprungklage ab. Auch die Revision des Klägers vor dem BFH blieb erfolglos.

Die Gründe:
Das FG war zu Recht davon ausgegangen, dass die Ablehnung der Erteilung eines Kontoauszugs für den Steuerpflichtigen R. rechtmäßig war, da das Finanzamt das ihm eingeräumte Ermessen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeübt hatte.

Ein Insolvenzverwalter, der im Besteuerungsverfahren vom Finanzamt einen Kontoauszug für den Insolvenzschuldner verlangt, hat lediglich einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung. Die Anspruchsgrundlage hierfür ergibt sich unmittelbar aus dem Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG und dem Prozessgrundrecht gem. Art. 19 Abs. 4 GG. Die AO sieht zu Gunsten des Steuerpflichtigen weder ein Recht auf Akteneinsicht noch auf Auskunft aus den Besteuerungsakten vor. Im vorliegenden Fall kam auch ein Anspruch auf Informationserteilung aus einem Landesgesetz nicht in Betracht, da ein solches nicht existierte.

Voraussetzung für die Auskunftserteilung ist, dass der Insolvenzverwalter ein berechtigtes Interesse darlegt und dass keine Gründe gegen die Auskunftserteilung sprechen. Das Finanzamt erteilt die begehrte Auskunft, wenn der Insolvenzverwalter substantiiert darlegt, dass die Auskunft zur Erfüllung der steuerlichen Pflichten des Insolvenzschuldners oder zur Prüfung der vom Finanzamt angemeldeten Insolvenzforderungen erforderlich ist.

Daran fehlte es allerdings im Streitfall. Schließlich reicht es nicht aus, wenn der Insolvenzverwalter die Auskunft im Hinblick auf die ordnungsgemäße Bearbeitung des Insolvenzverfahrens beantragt. Zwar muss der Insolvenzverwalter auch prüfen, ob er die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Gemeinschuldner an das Finanzamt geleisteten Zahlungen anfechten und im Interesse der Insolvenzgläubiger zurückfordern kann. Zu diesem Zweck muss ihm das Finanzamt aber keine Auskunft erteilen.

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BFH PM Nr. 31 vom 29.5.2013
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