01.12.2015

Auch positive Feststellungsklagen sind musterverfahrensfähig

Nach dem KapMuG in der Fassung vom 19.10.2012 sind auch positive Feststellungsklagen durchaus musterverfahrensfähig. In Fällen, in denen der Klageanspruch sowohl auf eine nicht musterverfahrensfähige (hier: Schulung der Berater) als auch auf eine musterverfahrensfähige Begründung (hier: Prospektangaben) gestützt wird, hindert dies nicht die Bekanntmachung des Musterverfahrensantrags, wenn und soweit sich dieser auf die musterverfahrensfähige Anspruchsbegründung bezieht.

BGH 5.11.2015, III ZB 69/14
Der Sachverhalt:
Der Antragsteller hatte im Ausgangsverfahren vor dem LG unter dem Vorwurf einer fehlerhaften Kapitalanlageberatung die Feststellung, dass die Antragsgegnerin verpflichtet ist, ihm sämtliche finanzielle Schäden zu ersetzen, die im Abschluss der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds im Jahr 1997 ihre Ursachen haben. Im Laufe des Rechtsstreits stellte der Antragsteller einen Musterverfahrensantrag mit mehreren Feststellungszielen, die den Emissionsprospekt und die behaupteten Schulungsinhalte betrafen. Das LG hat daraufhin beschlossen, einen Teil des Musterverfahrensantrags - hinsichtlich der Feststellungen zum Emissionsprospekt - öffentlich bekannt zu machen, und den Antrag im Übrigen - soweit er sich auf die Schulungsinhalte bezogen hatte - als unzulässig zu verwerfen.

Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin, mit der sie die Aufhebung des Beschlusses, die Löschung der Bekanntmachung des Musterverfahrens im Klageregister und die Wiederaufnahme des Verfahrens durch das LG begehrt hatte, blieb vor dem KG erfolglos. Das Gericht war der Ansicht, dass die sofortige Beschwerde wegen der Unanfechtbarkeit des angegriffenen Bekanntmachungsbeschlusses gem. § 3 Abs. 2 S. 1 des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes vom 19.10.2012 (KapMuG) unstatthaft sei. Auch die Beschwerde der Antragsgegnerin vor dem BGH blieb ohne Erfolg.

Gründe:
Die Rechtsbeschwerde war weder nach § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO noch gem. § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO eröffnet. Nach § 3 Abs. 2 S. 1 KapMuG ist die Anfechtung des Bekanntmachungsbeschlusses ausgeschlossen. Die vom Beschwerdegericht ausgesprochene Zulassung der Rechtsbeschwerde entfaltet keine Bindung für das Rechtsbeschwerdegericht.

Durch die Zulassung wird dem Beschwerdeführer die Rechtsbeschwerde nur zugänglich gemacht, wenn sie nach dem Gesetz grundsätzlich eröffnet ist, nicht aber in den Fällen, in denen die Anfechtbarkeit gesetzlich ausgeschlossen ist. Die Bindungswirkung der Rechtsmittelzulassung umfasst bei der Rechtsbeschwerde nur die in § 574 Abs. 3 S. 1 i.V.m. § 574 Abs. 2 ZPO genannten Zulassungsvoraussetzungen. Sie kann hingegen nicht dazu führen, dass ein gesetzlich nicht vorgesehener Instanzenzug eröffnet wird. Eine nach dem Gesetz unanfechtbare Entscheidung kann daher nicht durch den Ausspruch eines Gerichts der Anfechtung unterworfen werden.

So lag der Fall auch hier. Der Bekanntmachungsbeschluss des LG war gem. § 3 Abs. 2 S. 1 KapMuG unanfechtbar, so dass auch die Rechtsbeschwerde von vornherein nicht eröffnet war. Zu Recht hatte das Beschwerdegericht somit die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin mangels Statthaftigkeit als unzulässig angesehen und verworfen. Der erkennende Senat hat sich somit der Auffassung des Beschwerdegerichtes angeschlossen, wonach auch positive Feststellungsklagen musterverfahrensfähig sind. Die Auslegung des § 1 Abs. 1 KapMuG nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik sowie Sinn und Zweck der Norm ergibt, dass solche Klagen in den Anwendungsbereich des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes einbezogen sind.

Wird der Klageanspruch sowohl auf eine nicht musterverfahrensfähige als auch auf eine musterverfahrensfähige Begründung gestützt, so hindert dies nicht die Bekanntmachung des Musterverfahrensantrags, wenn und soweit sich dieser auf die musterverfahrensfähige Anspruchsbegründung bezieht. Somit hinderte im vorliegenden Fall die Geltendmachung der Schulung der Berater nicht die Bekanntmachung des Musterverfahrensantrags, soweit sich dieser auf die Prospektangaben bezog.

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