22.09.2015

Bei vergleichender Werbung dürfen auch fremde Marken genannt werden

In Fällen, in denen eine fremde Marke in einem Internet-Verkaufsangebot im Rahmen einer vergleichenden Werbung verwendet wird, um Kunden, die sich einer Suchmaschine bedienen, auf das eigene Produkt aufmerksam zu machen, liegt für sich allein noch keine unlautere Rufausnutzung vor. Der Vorwurf einer unlauteren Rufausnutzung ist nur dann begründet, wenn über die Nennung des Kennzeichens hinaus zusätzliche Umstände hinzukommen.

BGH 2.4.2015, I ZR 167/13
Der Sachverhalt:
Die Klägerin stellt Staubsaugerbeutel her, die sie unter dem bekannten Zeichen "Swirl" vertreibt (Bekanntheitsgrad: 79,7%). Das Zeichen ist seit 1985 beim Deutschen Patent- und Markenamt als Wortmarke für Staubsaugerbeutel geschützt. Außerdem ist die Klägerin Inhaberin zahlreicher für Staubsaugerbeutel eingetragener Wortmarken wie "A 06" oder "M 50", die sie als Typenbezeichnungen für Staubsaugerbeutel benutzt. Zwei weitere von ihr verwendete Typenbezeichnungen (MX 93 und Y 191) sind nicht als Marke eingetragen.

Die Beklagte handelt mit Staubsaugerbeuteln, die sie über ihre Internetseite vertreibt. Dabei bewarb sie ihre Produkte unter Hinweis auf die funktionell vergleichbaren Produkte der Klägerin. Beispielhaft verwendete die Beklagte nachstehende Angebotsüberschriften:

  • 4 Vlies für AEG alternativ (ähnlich Swirl PH 86)
  • 20 Papier - für Miele alternativ (ähnlich JFM ähnlich Swirl M 50 (M 50) & M 51 (M 51).

Die Klägerin sah darin eine Verletzung ihrer Markenrechte und eine unlautere Rufausnutzung. Nachdem die Beklagte im Dezember 2010 durch Anwaltsschreiben abgemahnt worden war, entfernte sie die Zeichen der Klägerin aus den Angebotszeilen ihres Internetauftritts. Die strafbewehrte Unterlassungserklärung schränkte sie allerdings dahingehend ein, dass die Verwendung der beschreibenden Angabe "ähnlich SWIRL" und der Zusammensetzung weiterer Marken dann nicht mehr" erfasst sein sollte, wenn die qualitative Gleichwertigkeit der Staubsaugerbeutel der Parteien nachgewiesen und die Produkte der Beklagten mit eigenen Marken bezeichnet seien.

Das sah das LG anders und verurteilte die Beklagte antragsgemäß. Auf die Berufung der Beklagten hon das OLG das erstinstanzliche Urteil auf und wies die Klage ab. Die Revision der Klägerin blieb vor dem BGH erfolglos.

Gründe:
Der beanstandete Internetauftritt der Beklagten ist als vergleichende Werbung marken- und wettbewerbsrechtlich zulässig.

Die Benutzung eines mit der Marke eines Mitbewerbers identischen oder ihr ähnlichen Zeichens durch einen Werbenden in einer vergleichenden Werbung zu dem Zweck, die von ihm angebotenen Waren oder Dienstleistungen zu identifizieren, stellt eine Benutzung für die eigenen Waren und Dienstleistungen des Werbenden dar. Da die Beklagte die Wortmarken der Klägerin in identischer Form und für Staubsaugerbeutel verwendet, für die die Klagemarken geschützt sind, liegt ein Fall der Doppelidentität gem. § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vor. Zudem ist das Zeichen "Swirl" eine bekannte Marke i.S.v. § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG. Die Klägerin als Markeninhaberin ist aber nicht berechtigt, einem Dritten die Benutzung eines mit ihrer Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichens in einer vergleichenden Werbung zu verbieten, wenn die Werbung im Einklang mit § 6 UWG steht.

Nach § 6 UWG, der der Umsetzung der Richtlinie 97/95/EG zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG (nunmehr Richtlinie 2006/114/EG) dient, ist vergleichende Werbung grundsätzlich erlaubt. Der Vorwurf einer unlauteren Rufausnutzung ist nur dann begründet, wenn über die Nennung des Kennzeichens hinaus zusätzliche Umstände hinzukommen. Die vergleichende Werbung der Beklagten ist nicht unlauter, da die Merkmale des § 6 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 UWG nicht vorliegen. Die in den Vergleich einbezogenen Waren der Beklagten und der Klägerin sind für denselben Zweck bestimmte Staubsaugerbeutel. Die funktionelle Gleichwertigkeit ist auch eine wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaft der Waren der Beklagten.

Ebenso schied eine Unlauterkeit wegen Verwechslungsgefahr gem. § 6 Abs. 2 Nr. 3 UWG aus. Danach handelt unlauter, wer vergleichend wirbt, wenn der Vergleich im geschäftlichen Verkehr zu einer Gefahr von Verwechslungen zwischen dem Werbenden und einem Mitbewerber oder zwischen den von diesen angebotenen Waren oder Dienstleistungen oder den von ihnen verwendeten Kennzeichen führt. Das OLG hatte zu Recht angenommen, dass der Gebrauch des Adjektivs "ähnlich" in den Angeboten der Beklagten unmissverständlich klarstelle, dass es sich nicht um Produkte der Klägerin handele, sondern um Erzeugnisse eines Wettbewerbers. Insofern schied auch eine Irreführung gem. § 5 Abs. 2 UWG aus.

Linkhinweis:

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