27.06.2016

Darlehen: Kein Widerrufsrecht mangels Verbrauchereigenschaft

Der Unternehmer, der sich für das konkrete Rechtsgeschäft auf die Schutzvorschriften des Verbraucherrechts beruft, genügt seiner Darlegungslast nicht, sofern er nur zu der inneren Tatsache des mit dem Rechtsgeschäft subjektiv verfolgten Zwecks ausführt. Bestehen Zweifel, sind die Schutzvorschriften des Verbraucherrechts nicht anzuwenden.

OLG Frankfurt a.M. 3.5.2016, 10 U 152/15
Der Sachverhalt:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung i.H.v. rd. 19.500 € zzgl. Zinsen. Seit dem Jahr 1998 betreibt der Kläger eine Immobilienverwaltung. Auch hat er ein umfangreiches Immobilienvermögen. Für die insoweit anfallenden Bürotätigkeiten beschäftigt er einen Mitarbeiter. Im Jahr 2008 wollte der Kläger seine Geschäftsbeziehung zu der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden ebenfalls: Beklagte) ausbauen und skizzierte gegenüber ihrem Mitarbeiter A seine unternehmerische Zielsetzung. Am 13.12.2008 schloss der Kläger mit der Beklagten den verfahrensgegenständlichen "Kreditvertrag"  über 400.000 € mit einer Zinsbindungsfrist bis zum 30.11.2013 zur "Baufinanzierung" betreffend einer bestimmten Liegenschaft. Das Darlehen wurde mit Grundschulden auf dem finanzierten Objekt sowie auf zwei weiteren Liegenschaften gesichert.

Zeitgleich nahm er bei der Beklagten zwei weitere Darlehen zur Finanzierung zweier weiterer Objekte auf. Auch beabsichtigte er, im Jahr 2009 weitere Immobiliengeschäfte i.H.v.4,8 Mio. € zu finanzieren. Am 5.1.2010 führte der Kläger mit der Beklagten ein Gespräch über sein finanzielles Engagement; er wollte unattraktive Vermögensgegenstände abstoßen. Im Sommer 2011 veräußerte der Kläger die Beleihungsobjekte, darunter die mit dem verfahrensgegenständlichen Kreditvertrag finanzierte Liegenschaft. Zu diesem Kreditvertrag gibt es eine Forderungsabrechnung der Beklagten vom 19.7.2011 zum Rückzahlungstermin am 31.7.2011. Danach betrug der von dem Kläger zu zahlende Endbetrag rd. 388.500 €. Diese Summe umfasste auch die mit der Klage geltend gemachte Vorfälligkeitsentschädigung und ein Bearbeitungsentgelt. Dementsprechend führte der Kläger diesen Kredit und in diesem Zusammenhang auch die zwei anderen Darlehen vorzeitig zurück.

Mit Anwaltsschreiben vom 25.11.2014 widerrief der Kläger gegenüber der Beklagten seine Willenserklärung, die zum Abschluss des verfahrensgegenständlichen Kreditvertrages geführt hatte. Der Kläger hat behauptet, er habe insoweit als Verbraucher gehandelt, da er bei Abschluss des Kreditvertrages im Dezember 2008 das Objekt zur langfristigen Pflege seines privaten Vermögens habe erworben wollen. Er habe zwar mitunter auch als Unternehmer gehandelt, der Zweck des hiesigen Kreditvertrags sei aber ein verbraucherrechtlicher gewesen, da das genannte Objekt jedenfalls damals auch für seine Altersvorsorge gedacht gewesen sei, was der über ihn zu ladende Zeuge B bestätigen
könne.

Das LG wies die Klage ganz überwiegend ab. Die Berufung des Klägers hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückgewähr der Vorfälligkeitsentschädigung weder aus § 495 i.V.m. §§ 355 , 357 , 346 Abs.1 BGB noch aus anderen rechtlichen Gesichtspunkten. Mangels einer Hauptforderung steht ihm auch kein Zinsanspruch zu.

Seine Willenserklärung, die zum Abschluss des verfahrensgegenständlichen Kreditvertrages geführt hatte, hat der Kläger nicht wirksam widerrufen können. Denn ihm stand gem. § 495 BGB kein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zu, weil er weder schlüssig dargelegt noch bewiesen hat, dass er im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses insoweit als Verbraucher gem. § 13 BGB gehandelt hatte.Grundsätzlich muss derjenige, der sich auf seine Verbrauchereigenschaft beruft, darlegen und beweisen, dass er das Rechtsgeschäft zu einem privaten Zweck abgeschlossen hat, der weder seiner gewerblichen noch seiner selbständigen beruflichen Tätigkeit zugeordnet werden kann. Bestehen Zweifel, sind die Schutzvorschriften des Verbraucherrechts nicht anzuwenden. Über die Zuordnung zum privaten oder unternehmerischen Bereich entscheidet nicht der innere Wille des Handelnden, sondern die objektiv zu bestimmende Zweckrichtung seines Verhaltens, insoweit erforderlichenfalls die Begleitumstände einzubeziehen sind.

Vorliegend hat das LG mit der Erörterung in der mündlichen Verhandlung seiner Hinweispflicht gem. § 139 ZPO genügt. Der Kläger hatte Gelegenheit, sich gem. der ihm nach § 138 Abs.1 ZPO obliegenden Pflicht vollständig zu erklären. So hat er eine Schriftsatzfrist nach § 139 Abs.5 ZPO nicht beantragt. Obwohl ein wiederholter Hinweis nicht geboten gewesen ist - zumal der Kläger ausweislich der Berufungsbegründungsschrift diesen Gesichtspunkt nach wie vor für entscheidungserheblich gehalten hat -, ist dieser in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat nochmals erörtert worden.

Vorliegend verhandelte der Kläger im Jahr 2008 unstreitig als Unternehmer mit der Beklagten über die Finanzierung von Anlageobjekten. Anschließend finanzierte er jedenfalls zwei Objekte im Rahmen seiner selbständigen beruflichen Immobilientätigkeit. Da er zeitgleich im Dezember 2008 auch den streitgegenständlichen Kreditvertrag abschloss, stellte es sich zum damaligen Zeitpunkt objektiv so dar, dass er auch insoweit in Verfolgung seiner unternehmerischen Tätigkeit handelte - zumal der Kredit nicht alleine über das finanzierte Objekt in Stadt, sondern über zwei weitere Liegenschaften gesichert wurde und damit nicht als singuläres Geschäft, sondern als in seine Immobilientätigkeit eingewoben erscheint.

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