10.07.2015

"Framing" verletzt nicht zwangsläufig das Urheberrecht

Der Betreiber einer Internetseite begeht keine Urheberrechtsverletzung, wenn er urheberrechtlich geschützte Inhalte, die auf einer anderen Internetseite mit Zustimmung des Rechtsinhabers für alle Internetnutzer zugänglich sind, im Wege des "Framing" in seine eigene Internetseite einbindet ("Die Realität II"). Der BGH berief sich dabei auf den EuGH-Beschl. v. 21.10.2014, Rs.: C-348/13.

BGH 9.7.2015, I ZR 46/12
Der Sachverhalt:
Die Klägerin stellt Wasserfiltersysteme her und vertreibt diese direkt. Zu Werbezwecken hatte sie einen etwa zwei Minuten langen Film mit dem Titel "Die Realität" herstellen lassen, der sich mit der Wasserverschmutzung befasst. Sie ist Inhaberin der ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte an diesem Film. Der Film war - nach dem Vorbringen der Klägerin ohne ihre Zustimmung - auf der Videoplattform "YouTube" abrufbar.

Die beiden Beklagten sind als selbständige Handelsvertreter für ein mit der Klägerin im Wettbewerb stehendes Unternehmen tätig. Sie unterhalten jeweils eigene Internetseiten, auf denen sie für die von ihnen vertriebenen Produkte werben. Im Sommer 2010 ermöglichten sie den Besuchern ihrer Internetseiten, das Video der Klägerin im Wege des "Framing" abzurufen. Bei einem Klick auf einen Link wurde der Film somit vom Server der Videoplattform "YouTube" abgerufen und in einem auf den Webseiten der Beklagten erscheinenden Rahmen ("Frame") abgespielt.

Die Klägerin war der Ansicht, die Beklagten hätten das Video damit unberechtigt öffentlich zugänglich gemacht. Sie nahm die Beklagten auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch. Das LG verurteilte die Beklagten antragsgemäß zur Zahlung von Schadensersatz i.H.v. je 1.000 €. Das OLG wies die Klage hingegen ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil nun auf und wies die Sache an das zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück. Zuvor hatte der BGH den EuGH im vorliegenden Rechtsstreit zur Vorabentscheidung angerufen.

Die Gründe:
Zu Recht hatte das OLG zwar angenommen, dass die bloße Verknüpfung eines auf einer fremden Internetseite bereitgehaltenen Werkes mit der eigenen Internetseite im Wege des "Framing" kein öffentliches Zugänglichmachen i.S.d. § 19a UrhG darstellt, weil allein der Inhaber der fremden Internetseite darüber entscheidet, ob das auf seiner Internetseite bereitgehaltene Werk der Öffentlichkeit zugänglich bleibt. Eine solche Verknüpfung verletzt auch bei einer im Blick auf Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft gebotenen richtlinienkonformen Auslegung des § 15 Abs. 2 UrhG grundsätzlich kein unbenanntes Verwertungsrecht der öffentlichen Wiedergabe.

Der EuGH hat insofern auf Vorabentscheidungsersuchen des Senats ausgeführt (EuGH-Beschl. v. 21.10.2014, Rs.: C-348/13), es liege keine öffentliche Wiedergabe vor, wenn auf einer Internetseite anklickbare Links zu Werken bereitgestellt würden, die auf einer anderen Internetseite mit Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber für alle Internetnutzer frei zugänglich seien. Das gelte auch dann, wenn das Werk bei Anklicken des bereitgestellten Links in einer Art und Weise erscheine, die den Eindruck vermittele, dass es auf der Seite erscheine, auf der sich dieser Link befinde, obwohl es in Wirklichkeit einer anderen Seite entstamme.

Den Ausführungen war allerdings zu entnehmen, dass in solchen Fällen eine öffentliche Wiedergabe erfolgt, wenn keine Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers vorliegt. Danach hätten die Beklagten das Urheberrecht am Film verletzt, wenn dieser ohne Zustimmung des Rechtsinhabers bei "YouTube" eingestellt worden war. Dazu wurden bisher jedoch keine Feststellungen getroffen. Das muss das OLG im weiteren Verfahren nachholen.

Hintergrund:
Zwar hatte der BGH hat erwogen, das Verfahren bis zur EuGH-Entscheidung in dem vom Hoge Raad der Niederlande am 7.4.2015 eingereichten Vorabentscheidungsersuchen in der Rs.: C-160/15 (GS Media BV/Sanoma Media Netherlands BV u.a.) auszusetzen. Der Hoge Raad hat dem EuGH die Frage vorgelegt, ob von einer öffentlichen Wiedergabe auszugehen ist, wenn das Werk auf der anderen Internetseite ohne Zustimmung des Rechtsinhabers zugänglich gemacht worden ist. Gleichwohl hat der BGH von einer Aussetzung des Verfahrens abgesehen. Schließlich ist mit einer EuGH-Entscheidung in dem vom Hoge Raad vorgelegten Verfahren frühestens in einem Jahr zu rechnen. Auf die dem EuGH in jenem Verfahren gestellte Frage kommt es im vorliegenden Verfahren allerdings nur an, wenn der Film ohne Zustimmung des Rechtsinhabers bei "YouTube" eingestellt war. Es war deshalb nicht angebracht, das Verfahren ohne Klärung der Frage auszusetzen, ob der Film ohne Zustimmung des Rechtsinhabers bei "YouTube" eingestellt war.

Linkhinweise:

  • Der Volltext dieser Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 114 vom 9.7.2015
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