31.10.2013

Unverlangt versandte Empfehlungs-E-Mails gleichen unverlangt versandten Werbe-E-Mails

In Fällen, in denen Unternehmen auf der eigenen Website die Möglichkeit für Nutzer verschaffen, Dritten unverlangt eine sog. Empfehlungs-E-Mail zu schicken, die auf den Internetauftritt des Unternehmens hinweist, wirkt dies wie eine unverlangt versandte Werbe-E-Mail des Unternehmens selbst. Richtet sich die ohne Einwilligung versandte Empfehlungs-E-Mail an einen Rechtsanwalt, stellt dies einen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar.

BGH 12.9.2013, I ZR 208/12
Der Sachverhalt:
Auf der Internetseite der Beklagten befindet sich eine sog. Weiterempfehlungsfunktion. Gibt ein Dritter seine eigene E-Mail-Adresse und eine weitere E-Mail-Adresse ein, wird von der Internetseite der Beklagten an die weitere von dem Dritten benannte E-Mail-Adresse eine automatisch generierte E-Mail versandt, die auf den Internetauftritt der Beklagten hinweist. Bei dem Empfänger der E-Mail geht der Hinweis auf die Internetseite der Beklagten als von dieser versandt ein. Weiteren Inhalt hat eine Empfehlungs-E-Mail nicht.

Der Kläger ist Rechtsanwalt. Er erhielt im Dezember 2010 erstmals ohne seine Zustimmung mehrere Empfehlungs-E-Mails. Nach einer Abmahnung und einer weiteren Beschwerde des Klägers erklärte sich die Beklagte zwar bereit, dessen konkrete E-Mail-Adresse für den Erhalt der Empfehlungs-E-Mails zu sperren. In der Folgezeit erhielt der Kläger aber noch weitere E-Mails.

Der Kläger forderte von der Beklagten es zu unterlassen, ihm E-Mails ohne sein Einverständnis zuzusenden. Außerdem nahm er die Beklagte auf Zahlung der Abmahnkosten in Anspruch. Die Beklagte hielt dagegen, sie sei nicht als Störerin anzusehen, weil der E-Mail-Versand durch Dritte veranlasst werde. Der Kläger habe die streitgegenständlichen Kontaktierungen hinzunehmen, da er ein E-Mail-Postfach unterhalte. Ohne eine ihr nicht zumutbare Aufgabe ihrer Empfehlungsfunktion könne ein Versand von E-Mails an ihr noch unbekannte E-Mail-Adressen des Klägers nicht verhindert werden.

AG und LG wiesen die Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BGH die Vorentscheidungen insoweit auf, als hinsichtlich des Unterlassungsantrags zum Nachteil des Klägers erkannt worden war.

Gründe:
Dem Kläger steht gegen die Beklagte gem. § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB ein Anspruch auf Unterlassung der Zusendung von E-Mails mit werblichem Inhalt zu.

Schafft ein Unternehmen auf seiner Website die Möglichkeit für Nutzer, Dritten unverlangt eine sog. Empfehlungs-E-Mail zu schicken, die auf den Internetauftritt des Unternehmens hinweist, ist dies nicht anders zu beurteilen als eine unverlangt versandte Werbe-E-Mail des Unternehmens selbst. Richtet sich die ohne Einwilligung des Adressaten versandte Empfehlungs-E-Mail an einen Rechtsanwalt, stellt dies einen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar.

Entgegen der Ansicht der Beklagten kam es für die Einordnung als Werbung nicht darauf an, dass das Versenden der Empfehlungs-E-Mails letztlich auf dem Willen eines Dritten beruht. Entscheidend war vielmehr allein das Ziel, das die Beklagte mit dem Zurverfügungstellen der Empfehlungsfunktion erreichen wollte. Da eine solche Funktion erfahrungsgemäß den Zweck hat, Dritte auf die Beklagte und die von ihr angebotenen Leistungen aufmerksam zu machen, enthalten die auf diese Weise versandten Empfehlungs-E-Mails Werbung.

Eine andere Beurteilung ergab sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Werbung nur an Personen versandt wurde, die ein Dritter durch Eingabe von deren E-Mail-Adresse ausgewählt hatte. Entscheidend war vielmehr, dass der Empfänger in diese Art Werbung nicht eingewilligt hatte und sich praktisch nicht zur Wehr setzen konnte. Zudem haftete die Beklagte für die Zusendung der Empfehlungs-E-Mails auch als Täterin. Dabei war es unerheblich, dass der Versand der letztlich auf die Eingabe der E-Mail-Adresse des Klägers durch einen Dritten zurückging. Maßgeblich war, dass der Versand auf die gerade zu diesem Zweck zur Verfügung gestellte Weiterempfehlungsfunktion der Beklagten zurückging und die Beklagte beim Empfänger einer Empfehlungs-E-Mail als Absenderin erschien.

Allerdings schied ein Anspruch des Klägers auf Erstattung der Abmahnkosten aus. Ein Rechtsanwalt muss im Fall der eigenen Betroffenheit seine Sachkunde bei der Abmahnung eines deliktischen Handelns unter dem Gesichtspunkt der Schadensvermeidung einsetzen. Die Hinzuziehung eines weiteren Rechtsanwalts ist bei typischen, unschwer zu verfolgenden Rechtsverletzungen nicht notwendig. Es besteht dann kein Anspruch auf Erstattung der dafür anfallenden Kosten. Entsprechendes gilt für den Fall einer Selbstbeauftragung.

Linkhinweis:

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