11.04.2024

Verbot der Rechtsberatung für in Russland niedergelassene Personen

Die notarielle Beurkundung eines Kaufvertrags über Immobiliareigentum einer in Russland niedergelassenen juristischen Person fällt nicht unter das in der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren, vorgesehene Verbot. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich die juristische Person nach dieser Verordnung an Transaktionen beteiligen darf und die Beurkundung nicht durch eine Rechtsberatung ergänzt wird.

EuGH, C 109/23: Schlussanträge des Generalanwalts vom 11.4.2024
Der Sachverhalt:
GM und OM, zwei deutsche Staatsangehörige, wollten eine Wohnung in Berlin kaufen. Die im Grundbuch eingetragene Eigentümerin der Wohnung ist die Firma Visit-Moscow Ltd., eine in Moskau ansässige Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Zur Durchführung des Wohnungskaufs beauftragten die drei Parteien einen in Berlin tätigen Notar, den Kaufvertrag zu beurkunden und zu vollziehen. Dieser verweigerte beide Tätigkeiten, da er befürchtete, gegen das Verbot für in Russland niedergelassene juristischen Personen Dienstleistungen der Rechtsberatung zu erbringen, zu verstoßen.

Dagegen wenden sich die Parteien mit ihrer Klage vor dem LG. Dieses hat das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH drei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Das LG möchte wissen, ob die notarielle Beurkundung eines Kaufvertrags und zusätzliche Aufgaben für dessen Vollzug relevant sind, da der Verkäufer eine in Russland niedergelassene juristische Person ist. Zudem stellt sich die Frage, ob ein Dolmetscher gegen das Verbot der Dienstleistung im Bereich der Rechtsberatung verstößt, wenn er bei der Beurkundung des Kaufvertrags mitwirkt. Es ist zu klären was genau eine "Rechtsberatungsdienstleistung" ist, um festzustellen, ob die Errichtung des Kaufvertrags darunterfällt.

Die Gründe:
Die Generalanwältin schlägt dem EuGH vor, die Fragen folgendermaßen zu beantworten:

Art. 5n Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 des Rates vom 31.7.2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren, ist dahin auszulegen, dass die notarielle Beurkundung eines Kaufvertrags über Immobiliareigentum einer in Russland niedergelassenen juristischen Person nicht unter das in dieser Bestimmung vorgesehene Verbot fällt, sofern sich die juristische Person nach dieser Verordnung an Transaktionen beteiligen darf und die Beurkundung nicht durch eine Rechtsberatung ergänzt wird, was das vorlegende Gericht zu überprüfen hat.

Art. 5n Abs. 2 der Verordnung Nr. 833/2014 ist dahin auszulegen, dass die Dienstleistungen eines Dolmetschers im Rahmen der notariellen Beurkundung eines Kaufvertrags über Immobiliareigentum einer in Russland niedergelassenen juristischen Person nicht unter das in dieser Bestimmung vorgesehene Verbot fallen. Art. 5n Abs. 2 der Verordnung Nr. 833/2014 ist dahin auszulegen, dass es nicht unter das in dieser Bestimmung vorgesehene Verbot fällt, wenn ein Notar einen beurkundeten Kaufvertrag über Immobiliareigentum einer in Russland niedergelassenen juristischen Person vollzieht und dabei insbesondere die Verwahrung und Auszahlung des Kaufpreises, die Löschung der bestehenden Grundstücksbelastungen sowie die Eigentumsumschreibung im Grundbuch auf die neuen Eigentümer vornimmt, sofern sich die juristische Person nach dieser Verordnung an Transaktionen beteiligen darf und diese Aufgaben keinerlei Rechtsberatung beinhalten. Dies hat das vorlegende Gericht zu überprüfen.

Mehr zum Thema:

Kurzbeitrag:
No-Russia-Klauseln
Stephan Ulrich, GmbHR 2024, R102
GMBHR0065355

Rechtsprechung:
Kein Verstoß gegen Embargo-VO möglich bei Umbuchung von einem deutschen Konto auf ein anderes deutsches Konto desselben Kontoinhabers
OLG Stuttgart vom 07.02.2024 - 9 U 6/24
ZIP 2024, 560
ZIP0065156

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