09.07.2015

Vorerst keine Löschung der Farbmarke Nivea-Blau

Abstrakte Farbmarken sind im Allgemeinen nicht unterscheidungskräftig und deshalb nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht eintragungsfähig, da der angesprochene Verkehr eine Farbe regelmäßig als dekoratives Element und nicht als Produktkennzeichen wahrnimmt. Ausreichend für eine Verkehrsdurchsetzung bei einer abstrakten Farbmarke ist aber, dass mehr als 50% und nicht 75% des Publikums in der Farbe ein Produktkennzeichen sehen.

BGH 9.7.2015, I ZB 65/13
Der Sachverhalt:
Die Parteien sind Inhaberinnen umsatzstarker Marken und seit  vielen Jahren Wettbewerber auf dem Markt für Haut und Körperpflegeprodukte. Die Antragstellerin begehrte die Löschung der im November 2007 aufgrund von Verkehrsdurchsetzung für die Waren "Klasse 3: Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, nämlich Haut und Körperpflegeprodukte" eingetragenen Farbmarke "Blau (Pantone 280 C)" von Beiersdorf im Markenregister des Deutschen Patent- und Markenamtes.

Die Antragstellerin war der Ansicht, die abstrakte Farbmarke sei  von Haus aus nicht unterscheidungskräftig und freihaltebedürftig. Blau werde für die Aufmachung von Haut- und Körperpflegeprodukten häufig verwendet und zähle zu den Primärfarben. Die Farbe weise auf ein speziell für Herren bestimmtes Marktsegment der Haut- und Körperpflegeprodukte sowie auf Produkte zur Nachtpflege hin.

Das Bundespatentgericht hat die Löschung der Marke angeordnet. Auf die Rechtsbeschwerde der Markeninhaberin hob der BGH den Beschluss auf und wies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurück.

Die Gründe:
Die absoluten Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 MarkenG liegen vor. Abstrakte Farbmarken sind im Allgemeinen nicht unterscheidungskräftig und deshalb nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht eintragungsfähig, da der angesprochene Verkehr eine Farbe regelmäßig als dekoratives Element und nicht als Produktkennzeichen wahrnimmt. Besondere Umstände, die eine andere Beurteilung rechtfertigen würden, lagen hier nicht vor. Ferner ist die Farbmarke nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht eintragungsfähig, weil sie im betroffenen Warensegment als Hinweis auf Produkte für die Nachtpflege oder als Hinweis auf eine bestimmte Zielgruppe, und zwar auf Haut- und Körperpflegeprodukte für Männer, verwendet wird und deshalb freihaltebedürftig ist.

Aufgrund der vom Bundespatentgericht bislang getroffenen Feststellungen ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass sich die Farbmarke für die in Rede stehenden Waren im Verkehr i.S.v. § 8 Abs. 3 MarkenG durchgesetzt hat und deshalb nicht gelöscht werden darf. Ausreichend für eine Verkehrsdurchsetzung ist auch bei einer abstrakten Farbmarke, dass mehr als 50% des Publikums in der Farbe ein Produktkennzeichen sehen. Dagegen hatte das Bundespatentgericht wesentlich höhere Anforderungen an den Erwerb von Unterscheidungskraft durch Verkehrsdurchsetzung bei einer konturlosen Farbmarke gestellt und angenommen, mindestens 75%. Ein solcher Maßstab ist zu streng.

Das Bundespatentgericht wird im weiteren Verfahren ein Meinungsforschungsgutachten zum Vorliegen der Voraussetzungen der Verkehrsdurchsetzung einholen müssen. Allein auf das von der Markeninhaberin bereits vorgelegte Verkehrsgutachten konnte die abschließende Entscheidung nicht gestützt werden. Die demoskopische Untersuchung stellte allgemein auf "Mittel der Haut- und Körperpflege" ab, ohne eine weitere Differenzierung nach einzelnen Warengruppen innerhalb des großen, ganz unterschiedliche Erzeugnisse umfassenden Produktbereichs vorzunehmen. Eine solche Differenzierung nach bestimmten Produktsegmenten innerhalb des Warenbereichs der "Mittel der Haut- und Körperpflege" ist aber erforderlich.

Letztlich waren die Ergebnisse des von der Markeninhaberin vorgelegten Meinungsforschungsgutachtens nicht hinreichend verlässlich. Den Testpersonen hätte bei der Befragung eine Farbkarte ausschließlich mit dem blauen Farbton vorgelegt werden müssen. Stattdessen war ihnen eine blaue Farbkarte mit weißer Umrandung gezeigt worden. Dies konnte die Ergebnisse des von der Markeninhaberin vorgelegten Meinungsforschungsgutachtens zu ihren Gunsten beeinflusst haben. Schließlich weist die Produktgestaltung der Markeninhaberin vielfach - etwa bei der bekannten Nivea-Creme in der blauen Dose mit weißer Aufschrift - eine Kombination der Farben Blau und Weiß auf.

Linkhinweise:

  • Der Volltext dieser Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 112 vom 9.7.2015
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