15.11.2013

Vorzeitig beendete Treuepunkte-Aktion irreführend

Wenn von einem Unternehmen in der Werbung für eine Rabattaktion feste zeitliche Grenzen angegeben werden, so muss es sich grundsätzlich hieran festhalten lassen. Wird die Aktion vor Ablauf der angegebenen Zeit beendet, liegt darin in der Regel eine Irreführung der mit der Werbung angesprochenen Verbraucher.

BGH 16.5.2013, I ZR 175/12
Der Sachverhalt:
Die Beklagte betreibt ein Einzelhandelsunternehmen mit zahlreichen Filialen im gesamten Bundesgebiet. Sie warb im Frühjahr 2011 in Zusammenarbeit mit dem Markenhersteller Zwilling für eine "Treuepunkt"-Aktion, bei der Kunden für 5 € Einkaufswert einen Treuepunkt erhielten. Die Treuepunkte konnten in ein zu der Aktion gehörendes Rabattheft geklebt werden. Ein vollgeklebtes Heft konnte der Kunde einlösen und gegen Zahlung eines im Verhältnis zum tatsächlichen Wert geringen Aufpreises in den Märkten der Beklagten Messer von Zwilling erwerben.

Das Rabattheft enthielt einen Hinweis darauf, dass bis zum 23.7.2011 Treuepunkte gesammelt und bis zum 6.8.2011 eingelöst werden könnten. Auf eine Vorratsbegrenzung oder eine mögliche vorzeitige Beendigung der Aktion wurde nicht hingewiesen. Aufgrund einer hohen Nachfrage konnte der Bedarf nach den im Rahmen der Rabattaktion ausgelobten Zwilling-Messern nicht gedeckt werden. Die Beklagte beendete die Aktion deshalb nach Erschöpfung ihres Aktionsvorrats von 3,2 Mio. Messern Ende Mai 2011 rd. zwei Monate früher als angekündigt. Die Kunden wurden ab dem 16.5.2011 u.a. über Handzettel, Hinweistafeln in den Geschäften und im Internet über das vorzeitige Ende der Treuepunkte-Aktion informiert.

Bei der Planung im Jahr 2009 war die Beklagte von einer höchstens zu erwartenden Nachfrage von 2,8 Mio. Messern ausgegangen. Im Rahmen einer ebenfalls mit Zwilling im Jahre 2007 durchgeführten Messer-Aktion waren etwa 2 Mio. Messer abgesetzt worden. Die klagende Verbraucherzentrale Baden-Württemberg nahm die Beklagte, nachdem sich viele Verbraucher bei ihr wegen der vorzeitigen Beendigung der Treuepunkte-Aktion beschwert hatten, auf Unterlassung in Anspruch.

Das LG wies die Klage ab; das OLG gab ihr statt. Die Revision der Beklagten hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die Annahme des OLG, die von der Klägerin beanstandete "Treuepunkte"-Aktion sei der Beklagten gem. §§ 3, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG zu untersagen, ist nicht zu beanstanden.

Nach § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG ist die irreführende Ankündigung einer Verkaufsförderungsmaßnahme unlauter; insbesondere kann sich die Ankündigung einer Rabattaktion als irreführend erweisen, wenn ein für einen befristeten Zeitraum angekündigter Rabattverkauf vorzeitig beendet wird. Für die Bewerbung einer befristeten Rabattaktion gilt grundsätzlich nichts anderes. Kündigt ein Kaufmann die Gewährung einer Vergünstigung von vornherein mit einer festen zeitlichen Grenze an, muss er sich daran grundsätzlich festhalten lassen.

Wird der zeitliche Rahmen der Rabattaktion aufgrund von Umständen verändert, die nach dem Erscheinen der Werbung eingetreten sind, ist danach zu unterscheiden, ob diese Umstände für den Unternehmer unter Berücksichtigung fachlicher Sorgfalt voraussehbar waren und deshalb bei der Planung der befristeten Aktion und der entsprechenden Werbung hätten berücksichtigt werden können. Dabei hat der Werbende die Umstände darzulegen, die für die Unvorhersehbarkeit der Verkürzungs- oder Verlängerungsgründe und für die Einhaltung der fachlichen Sorgfalt sprechen. Von erheblicher indizieller Bedeutung dafür, ob der Werbende die notwendige Sorgfalt angewandt hat, sind dabei die Erfahrungen, die er bei früheren ähnlichen Verkaufsförderungsmaßnahmen gesammelt hat.

Vorliegend hätte die Beklagte aufgrund von zwei im Jahre 2010 durchgeführten Aktionen mit Handtüchern der Marke "Möwe" (3 Mio. Stück) und Kochtöpfen des Herstellers "WMF" (4,2 Mio. Stück) erkennen und daher berücksichtigen müssen, dass die von ihr kalkulierte Anzahl von 2,8 Mio. Messern evtl. nicht ausreichen würde. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung hätte sie ohne weiteres in der Ankündigung oder in den Teilnahmebedingungen mit der gebotenen Deutlichkeit darauf hinweisen können, dass die "Rabattaktion" vorzeigt beendet werden könnte, falls der Vorrat an Messern wider Erwarten frühzeitig erschöpft sei.

Unabhängig davon wäre die Ankündigung der Rabattaktion selbst dann irreführend, wenn die Beklagte trotz Einhaltung der fachlichen Sorgfalt durch eine unerwartete Nachfrage überrascht worden wäre. Für einen vollständigen Abbruch der Rabattaktion hätte nämlich auch dann kein Anlass bestanden. Die Beklagte hätte den enttäuschten Kunden dann eine Alternative anbieten müssen, etwa den Erwerb einer anderen Ware, den Erwerb der ausgelobten Messer zu einem deutlich späteren Zeitpunkt, zu dem der Hersteller wieder zu liefern imstande gewesen wäre, oder durch Gewährung eines Einkaufsgutscheins. Die angesprochenen Verkehrskreise rechnen auch im Falle einer ganz unerwartet hohen Nachfrage nicht damit, dass die angesparten Rabattmarken einfach verfallen und keinerlei Wert mehr haben sollen.

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