28.03.2024

Widerspruch des Zessionars einer Lebensversicherung

Ein Widerspruchsrecht des Zessionars einer Lebensversicherung kann nicht zu einer Unwirksamkeit des Versicherungsvertrags führen, wenn sich die Widerspruchserklärung auf den Versicherungsvertrag als solchen und nicht auf dessen Übernahme bezieht. Werden mit dem Policenbegleitschreiben die wesentlichen Vertragsunterlagen übersandt, kann sich der Versicherungsnehmer über dessen Einzelheiten ausreichend informiert; dass die Widerspruchsbelehrung die übersandten Unterlagen nicht im Einzelnen benennt, hindert ihn daher nicht daran, sein Widerspruchsrecht unter im Wesentlichen denselben Bedingungen auszuüben wie bei zutreffender Belehrung.

OLG Dresden v 27.2.2024 - 4 U 2055/23
Der Sachverhalt:
Der Kläger begehrt die Rückabwicklung einer Kapitallebensversicherung mit Todesfallschutz. Am 30.6.1998 beantragte die vormalige Versicherungsnehmerin den Abschluss einer Kapitallebensversicherung. Der Kläger war versicherte Person. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten übersandt ihm am 10.7.1998 mit dem Policenbegleitschreiben eine Versicherungsurkunde, die fest verbunden die Leistungsübersicht, die Allgemeine Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformationen enthielt.

Die Versicherung begann zum 1.7.1998 und sah eine Laufzeit von 26 Jahren und eine halbjährliche Beitragszahlung von zunächst 500 DM und ab 1.7.2019 von 478,50 DM vor. Das Policenbegleitschreiben enthielt folgende eingerückte Widerrufsbelehrung: "Die nach § 10 a VAG erforderlichen Verbraucherinformationen sind in der Versicherungsurkunde enthalten. Sie können innerhalb von 14 Tagen nach Zugang dieses Briefes dem Vertrag schriftlich widersprechen. Die Frist ist gewahrt, wenn der Widerspruch rechtzeitig abgesendet wird."

Die Prämien wurden in den Folgejahren i.H.v. jedenfalls rd. 12.700 € bezahlt. Im Dezember 2011 vereinbarten die Beklagte und die vormalige Versicherungsnehmerin eine Vorauszahlung von 1.500 €. Im Juli 2013 trat die vormalige Versicherungsnehmerin ihre Rechte an den Kläger ab, der Versicherungsnehmer wurde. Er änderte zugleich das Bezugsrecht. Am 16.2.2023 erklärte die h. GmbH namens des Klägers den Widerspruch. Die Beklagte wies die Rückzahlungsansprüche des Klägers zurück.

Das LG wies die Klage ab. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Das OLG teilte mit dem vorliegenden Beschluss mit, dass es beabsichtige, die Berufung zurückzuweisen. Die zulässige Berufung des Klägers biete in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

Die Gründe:
Zu Recht hat das LG die Klage abgewiesen. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Rückabwicklung des Vertrages zu.

Der Anfang des Jahres 2023 ausgesprochene Widerspruch des Klägers ist unwirksam, denn die Widerspruchsbelehrung entspricht den Anforderungen von § 5 a VVG a.F. Ein möglicherweise bestehendes Widerspruchsrecht des jetzigen Versicherungsnehmers ist von vornherein nicht geeignet, eine Beseitigung des Vertragsverhältnisses herbeizuführen, wenn sich die Widerspruchserklärung nach ihrer Zielrichtung - wie hier - auf den Versicherungsvertrag als solchen und nicht auf die Übernahme desselben bezieht.

Der Kläger kann sich auch nicht auf ein auf ihn gem. §§ 415, 417 BGB übergegangenes Widerspruchsrecht stützen, denn die Belehrung ist wirksam. Die Belehrung ist ausreichend drucktechnisch hervorgehoben. Sie ist auf dem zweiseitigen Anschreiben als einziger Text auf der zweiten Seite eingerückt und in einem gesonderten Absatz abgedruckt. Sie kann auf dem zweiseitigen Policenbegleitschreiben schlechterdings nicht übersehen werden. Sie ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden.

Selbst wenn man zu Gunsten des Klägers unterstellt, dass die vorliegende Belehrung unzureichend ist, weil sie nicht alle Unterlagen benennt, die den Lauf der Frist auslösen, wurde dem Kläger nicht die Möglichkeit genommen, sein Widerspruchsrecht im Wesentlichen unter denselben Bedingungen auszuüben wie bei zutreffender Belehrung. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist nicht jede unrichtige Information über die Form der Erklärung des Widerspruches, die in der Belehrung enthalten ist, als fehlerhafte Belehrung anzusehen. Wird dem Versicherungsnehmer durch die Belehrung, auch wenn diese fehlerhaft ist, nicht die Möglichkeit genommen, sein Widerspruchsrecht im Wesentlichen unter denselben Bedingungen wie bei zutreffender Belehrung auszuüben, wäre es unverhältnismäßig, es ihm zu ermöglichen, sich von den Verpflichtungen aus einem in gutem Glauben geschlossenen Vertrag zu lösen.

Vorliegend waren die Angaben über die Unterlagen, die den Lauf der Widerspruchsfrist auslösen allenfalls lückenhaft. Die Unterlagen wurden jedoch mit dem Policenbegleitschreiben übersandt, so dass die vormalige Versicherungsnehmerin alle wesentlichen Informationen in Händen hielt und sich über die Einzelheiten des Vertrages ausreichend informieren konnte, um eine Entscheidung über den Widerspruch zu fällen. Das Ziel der Lebensversicherungsrichtlinie, dem Versicherungsnehmer auf informierter Grundlage die Auswahl des seinen Bedürfnissen am ehesten entsprechenden Vertrages zu ermöglichen, wurde nicht gefährdet. Daher wurde der vormaligen Versicherungsnehmerin nicht die Möglichkeit genommen, ihr Widerspruchsrecht unter im wesentlichen gleichen Bedingungen auszuüben.

Mehr zum Thema:

Rechtsprechung:
Bestimmung des nach Widerruf des VN gem. § 152 Abs. 2, § 169 VVG zu zahlenden Rückkaufswerts
BGH vom 11.10.2023 - IV ZR 40/22
VersR 2023, 1512
VERSR0061288

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