16.08.2013

Zur Auslegung des gemeinschaftlichen Gerichtsstandes nach § 32b Abs. 1 ZPO

Wird die Klage zumindest gegen einen Beklagten auf eine der in § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO aufgeführten Handlungen gestützt, so ist der besondere Gerichtsstand des § 32b Abs. 1 ZPO zwar auch nach der seit 1.12.2012 geltenden Fassung der Vorschrift unabhängig davon begründet, ob zu den Beklagten auch der Emittent, der Anbieter oder die Zielgesellschaft gehören. Doch auch nach der Neuregelung ist der Anwendungsbereich der Vorschrift nur dann eröffnet, wenn ein Bezug zu einer öffentlichen Kapitalmarktinformation besteht.

BGH 30.7.2013, X ARZ 320/13
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin will die Antragsgegnerinnen, die ihren allgemeinen Gerichtsstand in unterschiedlichen Gerichtsbezirken haben, gemeinschaftlich auf Ersatz des Schadens in Anspruch nehmen, der ihr durch Beteiligung an einem Filmfonds entstanden ist. Nach dem beabsichtigten Klagevortrag erwarben die Antragstellerin und ihr Ehemann die Beteiligung im Anschluss an ein Gespräch mit einem für die Antragsgegnerin zu 1) tätigen Anlageberater, das in ihrer Privatwohnung stattfand.

Die Antragstellerin machte geltend, die Beratung sei fehlerhaft gewesen, weil der Berater die Anlage als sicher dargestellt und das Risiko des Totalverlusts verschwiegen habe. Für die fehlerhafte Beratung habe auch die Antragsgegnerin zu 2) als Gründungskommanditistin einzustehen. Diese sei ferner als Prospektverantwortliche zum Schadensersatz verpflichtet. Der Verkaufsprospekt belehre nur unzureichend über die Risiken des Fonds und sei verharmlosend.

Alle Verfahrensbeteiligten gingen davon aus, dass die Voraussetzungen für die Bestimmung eines zuständigen Gerichts gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO vorlagen. Sie beantragten jeweils, das LG an ihrem Wohnsitz bzw. Sitz als zuständig zu bestimmen. Das OLG Düsseldorf möchte den Antrag auf Bestimmung eines zuständigen Gerichts zurückweisen, weil es gem. § 32b Abs. 1 ZPO in der seit 1.12.2012 geltenden Fassung einen gemeinsamen Gerichtsstand am Sitz der Antragsgegnerin zu 2) für gegeben hält, an dem auch der Fonds und die Herausgeberin des Fondsprospekts ihren Sitz haben. Es sah sich aber daran durch eine Entscheidung des OLG Hamm (Beschl. v. 8.4.2013, Az.: 32 SA 6/13) gehindert und legte die Sache deshalb dem BGH zur Entscheidung vor.

Gründe:
Als zuständiges Gericht war das LG Mönchengladbach zu bestimmen. Im Bezirk dieses Gerichts haben sowohl die Antragstellerin als auch der für die Antragsgegnerin zu 1) tätig gewordene Anlageberater ihren Sitz.

Entgegen der Auffassung des vorlegenden Gerichts waren die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO erfüllt. Es fehlte hingegen an einem gemeinschaftlichen Gerichtsstand für beide Antragsgegnerinnen. Für die beabsichtigte Klage gegen die Antragsgegnerin zu 1) sind die Voraussetzungen des § 32b Abs. 1 ZPO nicht erfüllt, weil das Klagebegehren nicht auf die Verwendung einer öffentlichen Kapitalmarktinformation gestützt wird.

Wird die Klage zumindest gegen einen Beklagten auf eine der in § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO aufgeführten Handlungen gestützt, so ist der besondere Gerichtsstand des § 32b Abs. 1 ZPO zwar auch nach der seit 1.12.2012 geltenden Fassung der Vorschrift unabhängig davon begründet, ob zu den Beklagten auch der Emittent, der Anbieter oder die Zielgesellschaft gehören. Der besondere Gerichtsstand gilt auch für Klagen gegen Anlage-berater oder -vermittler wegen Verwendung der Kapitalmarktinformation oder wegen Unterlassung der gebotenen Aufklärung darüber, dass die Information falsch oder irreführend ist. Doch auch nach der Neuregelung ist der Anwendungsbereich der Vorschrift nur dann eröffnet, wenn ein Bezug zu einer öffentlichen Kapitalmarktinformation besteht.

Im vorliegenden Fall ist die beabsichtigte Klage gegen die Antragsgegnerin zu 1) nicht auf einen solchen Anspruch gestützt. Aus dem vorgelegten Entwurf der Klageschrift ergab sich nicht, dass der für die Antragsgegnerin zu 1) tätige Anlageberater bei dem Gespräch mit der Antragstellerin und deren Ehemann die von der Antragstellerin als zumindest irreführend angesehenen Prospektangaben verwendet oder eine diesbezügliche Aufklärungspflicht verletzt hatte. Die Antragstellerin machte vielmehr geltend, der Anlageberater habe ihr das im Prospekt beschriebene Risiko eines Totalverlusts verschwiegen und der Prospekt sei ihr erst nach Abgabe der Beitrittserklärung übersandt worden. Darin lag aber keine Verwendung von öffentlichen Kapitalmarktinformationen i.S.v. § 32b Abs. 1 Nr. 2 ZPO.

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