30.07.2013

Zur Zulässigkeit der Bildberichterstattung über die Teilnahme eines elfjährigen Kindes an einer Sportveranstaltung

Bilder im Rahmen einer Berichterstattung, auf denen die elfjährige Tochter einer Prominenten als Eiskunstläuferin während eines Turniers mit Publikum abgebildet ist, sind nicht unzulässig, soweit die Fotos einen ausreichenden Bezug auf das konkrete Ereignis aufweisen und einen Begleittext illustrieren, der eine Berichterstattung über dieses Ereignis selbst liefert. Bei sportlichen Wettkämpfen sind Foto- und Videoaufnahmen heute weitgehend üblich, und zwar auch bei nur regionalen Veranstaltungen.

BGH 28.5.2013, VI ZR 125/12
Der Sachverhalt:
Die Klägerin, eine Tochter von Caroline Prinzessin von Hannover, nimmt die Beklagte auf Unterlassung der erneuten Veröffentlichung von drei Fotos nebst Bilduntertext in Anspruch. Die Beklagte ist Verlegerin der Zeitschrift Freizeit Revue. In deren Ausgabe vom 16.2.2011 erschien unter der Überschrift "[Prinzessin Caroline] Ihr Neuer ist für Tochter Alexandra schon wie ein Papa" ein Beitrag, der sich u.a. mit der Teilnahme der Klägerin an einem Eiskunstlauf-Wettbewerb befasst. Der Bericht ist mit mehreren Fotos, darunter auch mit drei Bildern der Klägerin illustriert, die sie als Eiskunstläuferin zeigen und mit folgendem Bild-Untertext versehen sind: "Mit ihrer tollen Leistung beeindruckte Eisprinzessin Alexandra das Publikum - aber hat sie auch die Jury überzeugt?"

Der ausführliche Beitrag ist mit weiteren Bildern illustriert, die u.a. Caroline Prinzessin von Hannover, Gerard Faggionato und Ernst August von Hannover zeigen. Auf Betreiben der Klägerin gab die Beklagte eine strafbewehrte Erklärung ab, mit der sie sich verpflichtete, es künftig zu unterlassen, unter Bezugnahme auf die Klägerin zu verbreiten: "[Prinzessin Caroline] Ihr Neuer ist für Tochter Alexandra schon wie ein Papa." Die Klägerin begehrt die Unterlassung der erneuten Veröffentlichung der von ihr beanstandeten drei Fotos mit der Bildunterschrift "Mit ihrer tollen Leistung beeindruckte Eisprinzessin Alexandra das Publikum - aber hat sie auch die Jury überzeugt?" sowie Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten, und zwar sowohl hinsichtlich der Abmahnung wegen der Textveröffentlichung (1.034 €) als auch hinsichtlich der Abmahnung wegen der Veröffentlichung der Bilder (700 €) sowie für ein Abschlussschreiben (385 €).

LG und OLG gaben der Klage unter Abweisung i.Ü. hinsichtlich des Unterlassungsantrags in vollem Umfang und hinsichtlich des Zahlungsantrags i.H.v. 1.560 € nebst Zinsen statt, wobei die Kosten zugrunde gelegt wurden, die angefallen wären, wenn die Klägerin die Unterlassungsansprüche wegen der Text- und der Bildberichterstattung in einem einzigen Abmahnschreiben geltend gemacht hätte. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH den Beschluss des KG auf und änderte das Urteil des LG ab. Der BGH wies die Klage hinsichtlich des Unterlassungsantrags insgesamt ab und hinsichtlich des Zahlungsantrags insoweit, als die Beklagte zur Zahlung von mehr als 1.034 € verurteilt worden ist.

Die Gründe:
Entgegen der Auffassung des OLG hat die Klägerin gegen die Beklagte keinen Anspruch aus § 1004 Abs. 1 S. 2, § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG auf Unterlassung der erneuten Veröffentlichung der beanstandeten Bildnisse. Die von der Klägerin angegriffene Bildberichterstattung war als solche über ein zeitgeschichtliches Ereignis zulässig.

Bei den beanstandeten Fotos der Klägerin handelt es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte. Zu dem maßgebenden Begriff des Zeitgeschehens können neben politischen und gesellschaftlichen Ereignissen wie etwa der Amtseinführung von Prinz Albert auch Sportveranstaltungen gehören, auch wenn sie - wie hier - nur regionale Bedeutung haben. Das Informationsinteresse besteht jedoch nicht schrankenlos; der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten wird durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt. Maßgeblich ist, ob die Medien eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse sachbezogen erörtern und damit u.a. den Informationsanspruch des Publikums erfüllen oder ob sie - ohne zeitgeschichtlichen Bezug - lediglich die Neugier der Leser nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen befriedigen.

Der Informationsgehalt einer Bildberichterstattung ist im Gesamtkontext, in den das Personenbildnis gestellt ist, zu ermitteln, insbes. unter Berücksichtigung der zugehörigen Textberichterstattung. Der Zulässigkeit der Berichterstattung steht hier nicht entgegen, dass der Artikel auch Informationen enthält, die nicht das Turnier als solches betreffen. Der Artikel verliert nicht allein deshalb seinen Charakter als Bericht über ein Sportereignis, weil auch über die Anwesenheit eines Begleiters (hier. der "Neue" der Mutter) berichtet wird. Auch wenn diese Information den Aufmacher darstellt und auf dem Titelblatt wiedergegeben ist, führt dies nicht zur Unzulässigkeit der Berichterstattung über den Wettbewerb. Die Art und Weise der Berichterstattung und ihre Aufmachung sind Sache der Medien. Sie haben das Recht, Art und Ausrichtung, Inhalt und Form eines Publikationsorgans frei zu bestimmen. Das erforderliche Informationsinteresse ist hier zu bejahen.

Entgegen der Ansicht des OLG steht der Zulässigkeit der Veröffentlichung der Fotos auch nicht entgegen, dass die auf ihnen abgebildete Klägerin zum Zeitpunkt der Aufnahme der Bilder erst elf Jahre alt war. Zwar bedürfen Kinder eines besonderen Schutzes, weil sie sich zu eigenverantwortlichen Personen erst entwickeln müssen. Dieses Schutzbedürfnis besteht hinsichtlich der Gefahren, die von dem Interesse der Medien und ihrer Nutzer an Abbildungen von Kindern ausgehen, deren Persönlichkeitsentfaltung dadurch empfindlicher gestört werden kann als diejenige von Erwachsenen.

Die hier veröffentlichten Fotos, auf denen die Klägerin als Eiskunstläuferin abgebildet ist, hatten nach der Art ihrer Gewinnung und Darstellung keinen eigenständigen Verletzungsgehalt. Die Fotos sind während des Turniers aufgenommen worden, bei dem interessiertes Publikum zugegen war. Bei sportlichen Wettkämpfen sind Foto- und Videoaufnahmen heute weitgehend üblich, und zwar auch dann, wenn es sich um Veranstaltungen handelt, die nur in einer begrenzten Öffentlichkeit stattfinden. Die Fotos weisen einen ausreichenden Bezug auf das konkrete Ereignis auf und illustrieren einen Begleittext, der zumindest auch eine Berichterstattung über dieses Ereignis selbst liefert. Durch diese Art der Verwendung der Bildnisse werden die berechtigten Interessen der Klägerin nicht nennenswert beeinträchtigt.

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