26.01.2016

Immobilienkauf: Beschreibungen von Eigenschaften ohne urkundliche Erwähnung führen in der Regel nicht zu Beschaffenheitsvereinbarungen

Eine Beschreibung von Eigenschaften eines Grundstücks oder Gebäudes vor Vertragsschluss durch den Verkäufer, die in der notariellen Urkunde keinen Nieder-schlag findet, führt in aller Regel nicht zu einer Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 S. 1 BGB. Informationen über Eigenschaften der Kaufsache sind auch nach neuem Kaufrecht von den beurkundungsbedürftigen Vereinbarungen der Parteien zu unterscheiden.

BGH 6.11.2015, V ZR 78/14
Der Sachverhalt:
Die Beklagten hatten mit notariellem Vertrag vom 18.12.2009 an den Kläger und dessen Ehefrau ein 2002/2003 mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück zum Preis von 550.000 € verkauft. In dem Kaufvertrag wurden die Rechte der Käufer wegen Sachmängeln des Grundstücks und des Gebäudes ausgeschlossen. Die Beklagten hatten das Grundstück zuvor in einem Exposé und auf ihrer Internetseite angeboten und darin eine Wohnfläche von ca. 200 m² und eine Nutzfläche von ca. 15 m² angegeben. Den Käufern hatten sie auf Nachfrage Grundrisszeichnungen der drei Geschosse mit Angaben der Flächenmaße ausgehändigt, aus deren Addition sich für die Räume und die Dachterrasse eine Fläche von insgesamt 215,3 m² ergab.

Später ließen die Käufer die Wohnfläche durch einen Architekten berechnen, der unter Zugrundelegung der Wohnflächenverordnung eine tatsächliche Gesamtwohnfläche von 171,74 m² ermittelte. Daraufhin verlangten sie von den Beklagten eine Zahlung von 66.411 € zzgl. Zinsen als Kaufpreisminderung und den Ersatz weiterer Schäden (etwa wegen zu viel gezahlter Grunderwerbsteuer und Bankzinsen sowie den Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten.

Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.

Gründe:
Zwar war die Auffassung des Berufungsgerichts, dass eine durch die Aushändigung der Grundrisszeichnungen konkludent getroffene Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 S. 1 BGB durch den vertraglich vereinbarten Ausschluss der Haftung des Verkäufers für Sachmängel erfasst wurde, rechtsfehlerhaft. Diese Vertragsauslegung widersprach der BGH-Rechtsprechung. Denn eine Beschaffenheitsvereinbarung setzt keine ausdrücklichen Erklärungen der Parteien voraus, sondern kann sich auch aus den Umständen des Vertragsschlusses wie etwa dem Kontext der dabei geführten Gespräche oder den bei dieser Gelegenheit abgegebenen Beschreibungen ergeben.

Das angefochtene Urteil stellte sich jedoch im Ergebnis als richtig dar. Denn anders als das Berufungsgericht meinte, fehlte es bereits an einer Beschaffenheitsvereinbarung. Bei den Rechtsgeschäften, die der notariellen Beurkundung bedürfen, ist streitig, ob und unter welchen Voraussetzungen durch Äußerungen des Verkäufers über bestimmte Eigenschaften der Kaufsache im Vorfeld des Vertragsschlusses eine Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 S. 1 BGB zustande kommt, wenn die Angaben in der notariellen Urkunde keinen Niederschlag finden. Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass es für eine Beschaffenheitsvereinbarung genüge, wenn der Verkäufer die Eigenschaften der verkauften Sache in bestimmter Weise beschreibe und der Käufer vor diesem Hintergrund seine Entscheidung treffe.

Der Senat entscheidet die Rechtsfrage dahin, dass eine Beschreibung von Eigenschaften eines Grundstücks oder Gebäudes durch den Verkäufer vor Vertragsschluss, die in der notariellen Urkunde keinen Niederschlag findet, in aller Regel nicht zu einer Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 S. 1 BGB führt. Informationen über Eigenschaften der Kaufsache sind auch nach neuem Kaufrecht von den beurkundungsbedürftigen Vereinbarungen der Parteien zu unterscheiden. Diese Abgrenzung ist deshalb geboten, weil die Parteien bei einem beurkundungsbedürftigen Rechtsgeschäft alle Erklärungen in den Vertrag aufnehmen müssen, die eine Regelung enthalten, d.h. Rechtswirkungen erzeugen sollen.

Dazu gehören die Vereinbarungen über die Beschaffenheit nach § 434 Abs. 1 S. 1 BGB. Sie konkretisieren die Verpflichtung des Verkäufers nach § 433 Abs. 1 S. 2 BGB, dem Käufer die Sache frei von Sachmängeln zu verschaffen, dahingehend, dass dieser - abweichend von den in § 434 Abs. 1 S. 2 BGB bestimmten allgemeinen Anforderungen - dem Käufer eine der individuell vereinbarten Beschaffenheit gemäße Sache schuldet. Dass die Parteien eine solche Bindung gewollt haben - selbst wenn in der Urkunde zu der Vereinbarung einer Beschaffenheit nichts aufgenommen wurde - ist vor dem Hintergrund des ihnen bekannten Beurkundungserfordernisses in aller Regel nicht anzunehmen. Ein solches Verständnis der vorvertraglichen Angaben des Verkäufers entspricht dem Grundsatz einer nach beiden Seiten hin interessengerechten Vertragsauslegung.

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