23.10.2013

75 Prozent Eigenverschulden bei Unfall nach gefährlichem Inlineskaten auf der Gegenfahrbahn

Ein Inlineskaterin, die in einer nicht übersehbaren Linkskurve mittig auf der Gegenfahrbahn fährt und deswegen mit einem entgegenkommenden Pkw zusammenstößt, hat 75 Prozent ihres Schadens selbst zu tragen. Mit ihrem Verhalten hat sie den Verkehrsunfall in erheblichem Umfang selbst verschuldet.

OLG Hamm 18.6.2013, 9 U 1/13
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte im September 2011 außerhalb einer Ortschaft einen Unfall, als sie - inlineskatend - mit dem vom Beklagten geführten Pkw zusammenstieß. Vor dem Unfall befuhr sie die rd. 4 Meter breite Straße in einer schlecht einsehbaren, langgezogenen Linkskurve mittig der Gegenfahrbahn. Der ihr mit seinem Fahrzeug entgegenkommende Beklagte bremste und wich zu seinem rechten Fahrbahnrand aus, ohne den Zusammenstoß abwenden zu können.

Bei dem Unfall erlitt die Klägerin schwere Verletzungen, u.a. mehrere Frakturen und Platzwunden mit - nach ihrem Vortrag - dauerhaft verbliebenen gesundheitlichen Einschränkungen. Vom beklagten Fahrzeugführer und seiner mitverklagten Haftpflichtversicherung verlangte die Klägerin 100-prozentigen Schadensersatz, u.a. ein Schmerzensgeld in der Größenordnung von 80.000 € und ca. 40.000 € als Ausgleich für materielle Schäden.

Das LG wies die Klage ab. Auf die Berufung der Klägerin änderte das OLG das Urteil insoweit ab, als es der Klage unter Klageabweisung im Übrigen dem Grunde nach unter Berücksichtigung eines mit 75 Prozent zu bemessenden Mitverschuldens bzw. Eigenverschuldens der Klägerin statt gab. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Das Schadensersatzbegehren der Klägerin ist dem Grunde nach nur unter Berücksichtigung eines 75-prozentigen Mit- bzw. Eigenverschuldens gerechtfertigt.

Auf Seiten der Beklagten ist lediglich die Betriebsgefahr des Pkw zu berücksichtigen, die nicht durch ein schuldhaftes Verhalten des Beklagten erhöht worden ist. Dass der Beklagte mit einer den Straßenverhältnissen nicht angepassten, überhöhten Geschwindigkeit gefahren wäre oder auf die entgegenkommende Klägerin zu spät oder falsch reagiert hätte, ließ sich nicht feststellen. Er durfte zu seinem rechten Fahrbandrand hin ausweichen, weil für ihn nicht voraussehbar gewesen sei, wohin die ihm mittig seiner Fahrbahn entgegenkommende Klägerin ggf. ausweichen würde.

Demgegenüber trifft die Klägerin ein erhebliches Mitverschulden am Zustandekommen des Verkehrsunfalls. Als Inlineskaterin galten für sie die Vorschriften des Fußgängerverkehrs. Demnach hätte sie außerhalb einer geschlossenen Ortschaft im Rahmen des Zumutbaren den linken Fahrbahnrand benutzen müssen. Hieran hat sie sich jedoch nicht gehalten, weil sie mit den Inlinern mittig der Gegenfahrbahn gefahren ist. Vor der für sie schlecht einsehbaren Linkskurve hätte sie außerdem entweder das Fahren mit den Inlinern einstellen und sich der Kurve gehend nähern müssen oder sie hätte rechtzeitig zum rechten Fahrbahnrand wechseln müssen, um ihre Fahrt dort fortzusetzen. Auch diesen Anforderungen hat sie nicht genügt. Deswegen trifft die Klägerin ein gegenüber der Betriebsgefahr des beteiligten Fahrzeugs mit 75 Prozent zu berücksichtigendes Mit- bzw. Eigenverschulden.

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OLG Hamm PM vom 22.10.2013
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