11.02.2015

§ 81 Abs. 1 FamFG: Zum Absehen von der Erhebung von Gerichtskosten

Entscheidet das Gericht abschließend gem. § 81 Abs. 1 FamFG über die Kosten des gesamten Verfahrens, so muss es auch prüfen, ob von der Erhebung von Gerichtskosten, die durch eine unrichtige Sachbehandlung entstanden sind, nach § 81 Abs. 1 S. 2 FamFG abgesehen werden kann.

BGH 7.1.2015, XII ZB 143/14
Der Sachverhalt:
Die im Februar 2009 geborene Antragstellerin nahm den Beteiligten zu 2) auf Feststellung seiner Vaterschaft in Anspruch. Das AG bestellte Rechtsanwältin E zur Ergänzungspflegerin für die Antragstellerin. Weiterhin stellte es nach Einholung eines humangenetischen Abstammungsgutachtens die Vaterschaft des Beteiligten zu 2) fest, erlegte ihm die Gerichtskosten des Verfahrens auf und ordnete an, dass außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten seien.

Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) hatte nur insoweit Erfolg, als das OLG die Kostenentscheidung dahingehend abgeändert hat, dass die Gerichtskosten vom Beteiligten zu 2) und der Mutter der Antragstellerin, der Beteiligten zu 3), jeweils zur Hälfte zu tragen seien. Im Übrigen wies es die Beschwerde zurück, erlegte die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens dem Beteiligten zu 2) zu 4/5 und der Beteiligten zu 3) zu 1/5 auf und sah von der Erstattung außergerichtlicher Kosten ab. Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2) hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Der für die Kostenentscheidung auschlaggebende § 81 Abs. 1 S. 1 FamFG stellt es in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts, ob und in welchem Umfang eine Kostenentscheidung sachgerecht ist. Vorliegend hat das OLG zwar die Grenzen seines Ermessensspielraums verkannt. Dies hat sich jedoch nicht zum Nachteil des Beteiligten zu 2) ausgewirkt. Eine stärkere Entlastung von den Verfahrenskosten, als sie ihm vom OLG zugebilligt worden ist, kommt für den Beteiligten zu 2) als Veranlasser des Verfahrens nicht in Betracht.

Das OLG hat auch übersehen, dass von der Erhebung der Kosten, die durch die die gesetzeswidrige Bestellung der Ergänzungspflegerin (vgl. § 1629 Abs. 3 S. 2 BGB) entstanden sind, auch nach § 81 Abs. 1 S. 2 FamFG hätte abgesehen werden können. Trifft das Beschwerdegericht eine abschließende Entscheidung in der Hauptsache, hat es gem. § 81 Abs. 1 FamFG über die Kosten des Verfahrens der ersten und zweiten Instanz zu befinden. Es kann dabei auch nach § 81 Abs. 1 S. 2 FamFG von der Erhebung von Gerichtskosten für eine oder beide Instanzen absehen. Die Regelung ermöglicht es auch, von der Erhebung einzelner Gerichtskosten, insbesondere von Auslagen, abzusehen.

Nach der Gesetzesbegründung kommt ein Absehen von der Kostenerhebung regelmäßig dann in Betracht, wenn es nach dem Verlauf oder dem Ausgang des Verfahrens unbillig erscheint, die Beteiligten mit den Gerichtskosten des Verfahrens zu belasten. Da diese Voraussetzung auch dann erfüllt sein kann, wenn der Kostenschuldner mit Auslagen belastet wird, die wie vorliegend durch eine unrichtige Sachbehandlung des Gerichts entstanden sind, hat das Gericht im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 81 Abs. 1 FamFG zu prüfen, ob es billigem Ermessen entspricht, diese Kosten nicht zu erheben. Dem steht nicht entgegen, dass in § 20 FamGKG ein gesondertes Verfahren für die Nichterhebung von Kosten, die bei richtiger Sachbehandlung durch das Gericht nicht entstanden wären, geregelt ist.

Nach dieser Vorschrift kann aus Gründen der Gebührengerechtigkeit im Kostenansatzverfahren von Amts wegen oder auf Antrag des Kostenschuldners von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, die bei richtiger Sachbehandlung nicht entstanden wären. Der Regelung liegt der Gedanke zugrunde, dass der Kostenschuldner nicht mit Mehrkosten belastet werden soll, die durch eine unrichtige Sachbehandlung des Gerichts entstanden sind. § 20 FamGKG dient daher demselben Zweck wie § 81 Abs. 1 S. 2 FamFG, aus Gründen der Billigkeit von der Erhebung angefallener Gerichtskosten im Einzelfall abzusehen. Das Erfordernis, im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 81 Abs. 1 FamFG zu entscheiden, ob Kosten, die durch eine unrichtige Sachbehandlung des Gerichts entstanden sind, nicht erhoben werden, wird durch das Verfahren nach § 20 FamGKG auch nicht ausgeschlossen.

Zwar kommt nach ständiger BGH-Rechtsprechung eine Nichterhebung von Kosten nach der gleichlautenden Vorschrift des § 21 GKG nur in Betracht, wenn das Gericht gegen eine klare gesetzliche Regelung verstoßen, insbesondere einen offen zu Tage tretenden schweren Verfahrensfehler begangen hat. Durch diese Einschränkung des Anwendungsbereichs der Vorschrift soll verhindert werden, dass es zu einer Kette nicht endender Nichterhebungsverfahren kommt, weil die Verfahrensbeteiligten versuchen, im Kostenansatzverfahren eine erneute Überprüfung der Entscheidung in der Hauptsache zu erreichen. Diese Gefahr besteht jedoch nicht, wenn das Gericht in der Hauptsache abschließend über die Kosten des Verfahrens entscheidet und die für die Kostenentscheidung maßgebliche Vorschrift wie § 81 Abs. 1 S. 2 FamFG die Möglichkeit vorsieht, von der Erhebung von Gerichtskosten aus Gründen der Billigkeit abzusehen.

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