01.08.2013

Abänderung des Versorgungsausgleichs und Tatsachenermittlung durch das Beschwerdegericht

Gem. § 51 Abs. 3 VersAusglG ist die Abänderung auch dann zulässig, wenn sich bei Anrechten der berufsständischen, betrieblichen oder privaten Altersvorsorge (§ 1587a Abs. 3 oder 4 BGB) der vor der Umrechnung ermittelte Wert des Ehezeitanteils wesentlich von dem dynamisierten und aktualisierten Wert unterscheidet. Das Beschwerdegericht muss gegebenenfalls die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen von Amts wegen selbst durchzuführen (§ 68 Abs. 3 S. 1 FamFG i.V.m. § 26 FamFG).

BGH 5.6.2013, XII ZB 709/12
Der Sachverhalt:
Die im Jahr 1956 geschlossene Ehe der Antragstellerin mit ihrem im Juli 2011 verstorbenen Ehemann wurde im August 2001 rechtskräftig geschieden. Beide Ehegatten hatten während der Ehezeit Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung, der Ehemann außerdem eine private Lebensversicherung und die Ehefrau eine geringfügige betriebliche Altersversorgung erworben. Den Versorgungsausgleich regelte das Familiengericht dahin, dass zulasten der Ehefrau Anrechte bei der Deutschen Rentenversicherung Bund i.H.v. 11,77 € im Wege des Splittings übertragen wurden. Dabei wurde die Lebensversicherung mit einem festgestellten ehezeitlichen Deckungskapital von 16.547 € in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einbezogen.

Die Antragstellerin begehrte später die Abänderung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich wegen eingetretener Wertänderung des Ehezeitanteils der privaten Lebensversicherung. Das Familiengericht änderte daraufhin die frühere Entscheidung über den Versorgungsausgleich ab. Es übertrug durch interne Teilung zulasten der Anrechte des Ehemanns bei der Deutschen Rentenversicherung Bund zugunsten der Ehefrau ein Anrecht i.H.v. 6,5874 Entgeltpunkten auf das vorhandene Rentenkonto bei der Deutschen Rentenversicherung Bund und ordnete im Übrigen unter Anwendung des § 31 VersAusglG an, dass ein weiterer Ausgleich unterbleibe. Das OLG wies die hiergegen gerichtete Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung Bund, mit der diese die Anwendung des § 31 VersAusglG rügte, zurück. Auf die Rechtsbeschwerde der Rentenversicherung hob der BGH die Entscheidung auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Gründe:
Gem. § 51 Abs. 1 VersAusglG ändert das Gericht eine Entscheidung über einen öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich, die nach dem Recht getroffen worden ist, das bis zum 31.8.2009 gegolten hat, bei einer wesentlichen Wertänderung auf Antrag ab, indem es die in den Ausgleich einbezogenen Anrechte nach den §§ 9 bis 19 VersAusglG teilt. Gem. § 51 Abs. 2 VersAusglG i.V.m. § 225 Abs. 3 FamFG ist die Wertänderung wesentlich, wenn sie mindestens 5 %fünf Prozent des bisherigen Ausgleichswerts des Anrechts beträgt (relative Wesentlichkeitsgrenze) und bei einem Rentenbetrag als maßgeblicher Bezugsgröße ein Prozent, in allen anderen Fällen als Kapitalwert 120 % der am Ende der Ehezeit maßgeblichen monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV übersteigt (absolute Wesentlichkeitsgrenze), wobei es genügt, wenn sich der Ausgleichswert nur eines Anrechts geändert hat.

Gem. § 51 Abs. 3 VersAusglG ist die Abänderung auch dann zulässig, wenn sich bei Anrechten der berufsständischen, betrieblichen oder privaten Altersvorsorge (§ 1587a Abs. 3 oder 4 BGB) der vor der Umrechnung ermittelte Wert des Ehezeitanteils wesentlich von dem dynamisierten und aktualisierten Wert unterscheidet. Die Aktualisierung erfolgt mithilfe der aktuellen Rentenwerte der gesetzlichen Rentenversicherung. Der Wertunterschied nach S. 1 ist wesentlich, wenn er mindestens 2 % der zum Zeitpunkt der Antragstellung maßgeblichen monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV beträgt.

Das Familiengericht hatte auf der Grundlage des § 51 Abs. 3 VersAusglG angenommen, dass sich der ehezeitliche Wert der in den Versorgungsausgleich einbezogenen Lebensversicherung von deren ursprünglich angegebenem Kapitalwert von 16.547 € auf einen dynamischen Rentenwert von nunmehr 42,08 € verändert habe und dieser Unterschiedsbetrag die Wertgrenze von zwei Prozent der zum Zeitpunkt der Antragstellung maßgeblichen monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV (2 % von 2.520 € = 50,40 €) übersteige. Das OLG hatte hierzu keine eigenen Feststellungen getroffen, sondern darauf verwiesen, dass das Familiengericht die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 VersAusglG bejaht habe und dies von der Beschwerde nicht angegriffen sei.

Hierdurch hat das OLG allerdings seine Pflicht verletzt, die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen von Amts wegen selbst durchzuführen (§ 68 Abs. 3 S. 1 FamFG i.V.m. § 26 FamFG). Die Durchführung eigener Ermittlungen war bereits deshalb unentbehrlich, weil das Familiengericht offensichtlich unzutreffend angenommen hatte, dass die Erstentscheidung über den Versorgungsausgleich von einem nicht dynamisierten (= nominalen) Ehezeitanteil der Lebensversicherung i.H.v. 16.547 € ausgegangen sei. Tatsächlich war dieser Betrag aber nicht als monatlicher Ehezeitanteil, sondern als Deckungskapital angegeben.

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