05.11.2018

Ablaufhemmung nach Erstattung einer Selbstanzeige

Die einjährige Verlängerung der Festsetzungsfrist nach Abgabe einer Selbstanzeige schließt eine weitergehende Verlängerung der Festsetzungsfrist bei Steuerhinterziehungen nicht aus, wenn die Steuerfahndung noch vor dem Ablauf der zehnjährigen Festsetzungsfrist für Steuerhinterziehungen mit Ermittlungen beginnt und die spätere Steuerfestsetzung für die nacherklärten Besteuerungsgrundlagen auf den Ermittlungen der Steuerfahndung beruht. Dies setzt aber voraus, dass diese Ermittlungshandlungen konkret der Überprüfung der nacherklärten Besteuerungsgrundlagen dienen.

Kurzbesprechung
BFH v. 3. 7. 2018 - VIII - R 9/16

AO § 171 Abs. 5 Satz 1, Abs. 5 Satz 2, Abs. 9

Der Streitfall betraf Kapitalerträge aus bei einer liechtensteinischen Stiftung geführten Depots, zu denen der Steuerfahndung eine 2007 angekaufte Steuer- CD vorlag. Im Streitfall verdächtigte die Steuerfahndung die Steuerpflichtigen nach Auswertung einer angekauften Steuer- CD der Steuerhinterziehung von Kapitalerträgen aus den bei einer liechtensteinischen Stiftung unterhaltenen Kapitalanlagen für den Zeitraum von 1996 bis 2006, hatte aber zunächst keine konkreten Ermittlungen zu den einzelnen Besteuerungsgrundlagen aufgenommen. Die Steuerpflichtigen gaben im Januar 2008 für die Veranlagungszeiträume 2000 bis 2006 eine Selbstanzeige ab, in der sie Kapitaleinkünfte nur für diesen Zeitraum nacherklärten. Im Mai 2008 gaben sie eine Selbstanzeige hinsichtlich der für die Streitjahre 1996 und 1997 nicht erklärten Kapitaleinkünfte ab. Für diese Streitjahre hatten sie ihre Steuererklärungen im Jahr 1998 abgegeben, so dass die reguläre zehnjährige Festsetzungsfrist mit Ablauf des Jahres 2008 endete.

Als im Juni 2010 für 1996 und 1997 Änderungsbescheide erlassen wurden, ging es um die Rechtsfrage, ob die Bescheide für diese Streitjahre nach Eintritt der Festsetzungsverjährung ergangen waren, da sowohl die Zehnjahresfrist als auch die einjährige Verlängerung der Festsetzungsfrist bei Selbstanzeigen gemäß § 171 Abs. 9 AO zu diesem Zeitpunkt abgelaufen waren.

Nach erfolglosem Einspruchs - und Klageverfahren hatten die Steuerpflichtigen im Revisionsverfahren vor dem BFH Erfolg. Er hob die Entscheidung des FG auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück, weil das FG nicht festgestellt hatte, ob die Steuerfahndung zu den nacherklärten Besteuerungsgrundlagen der Streitjahre 1996 und 1997 noch vor Ablauf des Jahres 2008 mit konkreten Ermittlungen begonnen hatte. Denn Ermittlungsmaßnahmen im Zusammenhang mit den nacherklärten Besteuerungsgrundlagen anderer Veranlagungszeiträume können die Ablaufhemmung gemäß § 171 Abs. 5 AO für die Streitjahre nicht auslösen. Das FG muss nun aufklären, ob und welche konkreten Ermittlungshandlungen von der Steuerfahndung noch vor Ablauf des Jahres 2008 zu den für die Streitjahre nacherklärten Kapitalerträgen ausgeführt wurden.

BFH, Urteil vom 3.7.2018, VIII R 9/16, veröffentlicht am 31.10.2018.

Verlag Dr. Otto Schmidt