26.07.2011

Änderungsumstände nach § 36 Nr. 1 EGZPO dürfen erst durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz erheblich geworden sein

Die Anwendung des § 36 Nr. 1 EGZPO und des darin enthaltenen Zumutbarkeitskriteriums ist auf die Fälle beschränkt, in denen sich der Abänderungsgrund aus dem Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21.12.2007 ergibt. Voraussetzung ist demnach, dass die für die Abänderung angeführten Umstände erst durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz erheblich geworden sind.

BGH 8.6.2011, XII ZR 17/09
Der Sachverhalt:
Kläger und Beklagte wurden im Jahr 1997 nach 19 Ehejahren geschieden. Im Hinblick auf den vom Kläger, der aus einer vermögenden Familie stammt, erwarteten Vermögenszufluss übertrug er der Beklagten im Jahr 1973 ein Einfamilienhausgrundstück im Wert von mindestens 650.000 DM. Anschließend vereinbarten die Parteien Gütertrennung. Darüber hinaus erhielt die Beklagte aus der Teilungsversteigerung einer gemeinsamen Eigentumswohnung im Jahr 2000 rund 95.000 DM. Nachdem dem Kläger Anfang der 1980iger Jahre das erwartete Vermögen zugeflossen war, widmete er sich ausschließlich der Verwaltung seines Vermögens und bestritt den Unterhalt der Familie aus Vermögenseinkünften.

Die Beklagte hatte vor der Eheschließung eine Lehre als Hotelfachfrau abgeschlossen und anschließend als Büroangestellte gearbeitet. Nach der Geburt der Tochter unterbrach sie ihre Erwerbstätigkeit für dreieinhalb Jahre und arbeitete anschließend mit Unterbrechungen halbtags bei verschiedenen Arbeitgebern. Ab 1983 unterstützte sie den Kläger im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung bei der Vermögensverwaltung und widmete sich im Übrigen der Haushaltsführung und Kindbetreuung.

Aufgrund der eingeschränkten Erwerbstätigkeit des Klägers während der Ehe wurden der Beklagten im Versorgungsausgleich lediglich Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 107 DM übertragen. Der nacheheliche Unterhalt wurde zuletzt im November 2000 gerichtlich auf monatlich 1.990 DM Elementarunterhalt und 487 DM Vorsorgeunterhalt festgesetzt. Der Kläger begehrte mit seiner Abänderungsklage den Wegfall des Unterhalts ab Mai 2008 und stützte sich dabei auf die geänderte BGH-Rechtsprechung zum Aufstockungsunterhalt sowie die seit Anfang 2008 geänderte Rechtslage.

Das AG und OLG wiesen die Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BGH die Urteile auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war § 36 Nr. 1 EGZPO im vorliegenden Fall nicht anwendbar.

Nach § 36 Nr. 1 EGZPO sind bei vor dem 1.1.2008 erlassenen rechtskräftigen Entscheidungen Umstände, die vor diesem Tag entstanden und durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21.12.2007 erheblich geworden sind, nur zu berücksichtigen, soweit eine wesentliche Änderung der Unterhaltsverpflichtung eintritt und die Änderung dem anderen Teil unter Berücksichtigung seines Vertrauens in die getroffene Regelung zumutbar ist. Voraussetzung ist demnach, dass die für die Abänderung angeführten Umstände erst durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz erheblich geworden sind. Das war hier allerdings nicht der Fall. Denn das abzuändernde Urteil verhielt sich über Aufstockungsunterhalt. Dieser ließ indessen schon vor dem 1.1.2008 unter denselben Voraussetzungen sowohl eine Befristung (§ 1573 Abs. 5 BGB a.F.) als auch eine Herabsetzung (§ 1578 Abs. 1 S. 2 BGB a.F.) zu.

Dementsprechend hat der Senat - nach Erlass des Berufungsurteils - entschieden, dass § 36 Nr. 1 EGZPO nur auf die Abänderung solcher Unterhaltstitel und -vereinbarungen anwendbar ist, deren Grundlagen sich durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21.12.2007 geändert haben. Bei der Abänderung eines vor dem 1.1.2008 erlassenen Urteils oder einer zuvor geschlossenen Vereinbarung zum Aufstockungsunterhalt ist das nicht der Fall. Für eine entsprechende Anwendung des § 36 Nr. 1 EGZPO besteht kein Raum.

Das Berufungsgericht muss im weiteren Verfahren vor allem überprüfen, ob der Beklagten ehebedingte Nachteile entstanden und auch nicht durch Zuwendungen und (Vorsorge-)Unterhaltszahlungen kompensiert wurden. Dabei ist eine zweckentsprechende Verwendung des Vorsorgeunterhalts zu unterstellen. Sollten ehebedingte Nachteile fortbestehen, so wäre eine Herabsetzung auf den angemessenen Unterhalt zu überprüfen. Sollten keine ehebedingten Nachteile bestehen und der Aufstockungsunterhalt folglich allein auf nachehelicher Solidarität beruhen, dürfte jedenfalls ein dauerhafter unverminderter Unterhaltsanspruch auch in Anbetracht der Ehedauer und der guten Vermögensverhältnisse des Klägers der Billigkeit widersprechen.

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