26.11.2012

Anfechtungsklagen gegen denselben Beschluss müssen zwingend verbunden werden

Zwar müssen zwei gegen denselben Beschluss der Wohnungseigentümer gerichtete Anfechtungsklagen zwingend - gegebenenfalls auch noch in der Berufungsinstanz oder instanzenübergreifend - zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden werden. Allerdings rechtfertigt die unterbliebene Verbindung nicht zwangsläufig die Durchbrechung der Rechtskraft.

BGH 26.10.2012, V ZR 7/12
Der Sachverhalt:
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. In der Eigentümerversammlung im Januar 2009 hatten die Wohnungseigentümer mehrheitlich einen Beschluss abgelehnt, wonach die für den Austausch von Fenstern entstehenden Kosten jeweils den Wohnungseigentümern auferlegt werden sollten, deren Sondereigentumseinheiten die Fenster zuzuordnen waren. Hiergegen wandte sich der Kläger mit seiner Beschlussmängelklage und beantragt ferner, die Beklagten zur Zustimmung zu einem entsprechenden Beschluss zu verurteilen.

In einem Parallelverfahren hatten andere Wohnungseigentümer denselben Beschluss angefochten. Die Klage wurde im August 2009 vom AG abgewiesen. Nach erfolgloser Berufung der Kläger wurde das Urteil rechtskräftig. Im vorliegenden Verfahren wies das AG die Klage ebenfalls mit Urteil aus August 2009 ab. Auch hier blieb die Berufung erfolglos. Auf Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil insoweit auf, als die Berufung hinsichtlich des Klageantrags zurückgewiesen worden war, der auf die Verpflichtung der Wohnungseigentümer zur Zustimmung zu einem Beschluss gerichtet war.

Die Gründe:
Zwar stand einer Sachentscheidung die Rechtskraft des in dem Parallelverfahren ergangenen Urteils entgegen. Denn beide Verfahren wurden zwischen denselben Parteien geführt, wenn auch in unterschiedlichen Parteirollen. Entgegen der Ansicht des Klägers führte die unterbliebene Verbindung der Verfahren auch nicht zu einem anderen Ergebnis. Zwar müssen zwei gegen denselben Beschluss der Wohnungseigentümer gerichtete Anfechtungsklagen zwingend - gegebenenfalls auch noch in der Berufungsinstanz oder instanzenübergreifend - zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden werden. Allerdings rechtfertigte die unterbliebene Verbindung keine Durchbrechung der Rechtskraft.

Eine Durchbrechung der Rechtskraft kommt abgesehen von dem Sonderfall einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung nur unter den gesetzlich geregelten Voraussetzungen in Betracht. Dass der Kläger an das Ergebnis des Parallelverfahrens gebunden war, ist im Interesse der Rechtssicherheit nach einhelliger Meinung jedenfalls dann hinzunehmen, wenn wie hier in dem Parallelverfahren eine Sachprüfung stattgefunden hatte.

Zu Unrecht meinte das LG jedoch, die Rechtskraft des in dem Parallelverfahren ergangenen Urteils erstrecke sich auch auf den Antrag, mit dem der Kläger die Beklagten zur Zustimmung zu der begehrten Beschlussfassung verurteilen lassen will. Schließlich wurde ein solcher Antrag in dem Parallelverfahren nicht gestellt. Dort wurde nur der Negativbeschluss angefochten. Weil es sich um unterschiedliche Anträge mit unterschiedlicher Zielrichtung handelte, fehlte es somit an der Identität des Streitgegenstands. Der infolge der rechtskräftigen Entscheidung in dem Parallelverfahren bestandskräftige Negativbeschluss entfaltete keine Sperrwirkung für eine erneute Beschlussfassung über den gleichen Gegenstand. Infolgedessen konnte das rechtskräftige Urteil in dem Anfechtungsprozess eine spätere Gestaltungsklage nicht ausschließen.

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