09.02.2012

Ansprüche aufgrund von Störungsbeseitigungen können durch einen Abzug "neu für alt" gemindert werden

Der Anspruch auf Ersatz der zu einer Störungsbeseitigung erforderlichen Aufwendungen (hier: Wurzeln im Hausanschlusskanal) kann durch einen Abzug "neu für alt" gemindert sein. So wie der Geschädigte durch eine Schadensersatzleistung nicht besser gestellt werden soll, als wenn das zum Ersatz verpflichtende Ereignis nicht eingetreten wäre, so soll auch derjenige, dessen Eigentum (nur) beeinträchtigt wird, durch die Beseitigung der Störung keinen Vorteil erlangen.

BGH 13.1.2012, V ZR 136/11
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist Eigentümerin eines Wohnhauses. Vor seinem Grundstück steht ein von der beklagten Stadt gepflanzter und unterhaltener Baum. Dessen Wurzeln waren in den Hausanschlusskanal der Klägerin eingewachsen und hatten diesen beschädigt. Die Klägerin ließ die erforderlichen Reparaturarbeiten durchführen und erhielt dafür von der Versicherung der Beklagten einen Ausgleichsbetrag.

Mit ihrer Klage verlangte sie einen weiteren Betrag von zuletzt rund 2.971 €. Das AG wies die Klage ab; das LG sprach der Klägerin 119 € zu. Die hiergegen gerichtete Revision blieb vor dem BGH erfolglos.

Die Gründe:
Der Klägerin stand zwar nach § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB gegen die Beklagte ein Anspruch auf Beseitigung der durch die Wurzeln eingetretenen Beeinträchtigung zu. Allerdings war dieser durch einen Abzug unter dem Gesichtspunkt "neu für alt" zu mindern.

In der Rechtsprechung finden sich entsprechende Judikate. In der Literatur wird die Möglichkeit eines Abzugs "neu für alt" teilweise als konsequente Fortführung der Rechtsprechung des Senats zur Anwendbarkeit des § 254 BGB im Rahmen von § 1004 BGB angesehen. Soweit diese Rechtsfortbildung von der Literatur vereinzelt abgelehnt wird, beruhen die Argumente auf einem engeren von der Rechtsprechung des Senats nicht zugrunde gelegten Begriff der Beeinträchtigung und ihrer Beseitigung. Zwar trifft es zu, dass der Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB eine andere Funktion hat als Schadensersatzansprüche. Das ändert aber nichts daran, dass er, so wie er von dem Senat verstanden und gehandhabt wird, teilweise schadensersetzende Wirkung hat.

So wie der Geschädigte durch eine Schadensersatzleistung nicht besser gestellt werden soll, als wenn das zum Ersatz verpflichtende Ereignis nicht eingetreten wäre, so soll auch derjenige, dessen Eigentum (nur) beeinträchtigt wird, durch die Beseitigung der Störung keinen Vorteil erlangen. Dies ginge über das Pflichtenprogramm der Störungsbeseitigung hinaus, und zwar gerade dann, wenn - und weil - ihr eine schadensersatzrechtliche Komponente zukommt.

Ist schon der Beseitigungsanspruch durch einen Abzug "neu für alt" beschränkt, so versteht es sich von selbst, dass dies auch für Ansprüche gilt, die dem Beeinträchtigten zustehen, wenn er die Störung und ihre Folgen selbst beseitigt. Der Folgeanspruch kann nicht weiter reichen als der primäre Störungsbeseitigungsanspruch.

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