11.05.2012

Auch nach Einführung des Rangklassenprivilegs kein Zustimmungserfordernis der Grundpfandrechtsgläubiger bei Begründung von Wohnungseigentum

Die Begründung von Wohnungseigentum bedarf auch nach Einführung des Rangklassenprivilegs für Wohngeldansprüche (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG) nicht der Zustimmung der Gläubiger, deren Grundpfandrechte auf dem ganzen Grundstück lasten. Zwar führt dieses Privileg zu einer Verschlechterung der Rechtsstellung der Grundpfandgläubiger, doch steht einer  entsprechenden Anwendung der §§ 876, 877 BGB das Fehlen einer planwidrigen Regelungslücke entgegen.

BGH 9.2.2012, V ZB 95/11
Der Sachverhalt:
Mit Erklärung vom 24.11.2010 hatte der Antragsteller ein ihm gehörendes, mit Grundpfandrechten belastetes Grundstück nach § 8 WEG in Wohnungseigentum geteilt und die Eintragung der Aufteilung in das Grundbuch beantragt. Das Grundbuchamt verlangte daraufhin die Zustimmung der Grundpfandgläubiger zu der Aufteilung.

Das OLG wies die hiergegen gerichtete Beschwerde ab. Da bei einer Vollstreckung in das Grundstück Forderungen wegen rückständigen Wohngelds im Umfang von 5 % des festgesetzten Verkehrswerts Vorrang vor den Grundpfandrechten hätten, führe die Aufteilung in Wohnungseigentum zu einer Änderung des Haftungsobjekts und erfordere deshalb gem. den §§ 876, 877 BGB die Zustimmung der Grundpfandgläubiger.

Auf die zugelassene Rechtsbeschwerde des Antragstellers hob der BGH den Beschluss sowie die Zwischenverfügung des Grundbuchamtes auf und wies dieses an, den Vollzug der Teilungserklärung nicht aus den bisherigen Gründen zu verweigern.

Die Gründe:
Der Vollzug der Teilungserklärung des Antragstellers ist nicht von der Zustimmung der Grundpfandgläubiger abhängig.

Zu Unrecht war das Beschwerdegericht davon ausgegangen, bei der Begründung von Wohnungseigentum nach § 8 WEG handele es sich um die Inhaltsänderung eines Rechts, die in entsprechender Anwendung der §§ 876, 877 BGB der Zustimmung der Grundpfandgläubiger bedürfe. Ein Recht an einem Grundstück kann nur ein beschränktes dingliches Recht sein, nicht dagegen das Eigentum selbst. Auf die - reale oder ideelle - Teilung des Eigentums finden die §§ 876, 877 BGB daher keine Anwendung. Auch bedürfen Grundpfandgläubiger in einem solchen Fall keines Schutzes durch ein Zustimmungserfordernis, denn ihr Interesse an der Erhaltung des Gegenstands, auf den sich ihr Recht bezieht, ist dadurch gewährleistet, dass das Grundpfandrecht an den neu entstandenen (realen oder ideellen) Teilen als Gesamtrecht und damit in der Summe an dem gesamten Grundstück fortbesteht.

Nach zutreffender, allerdings nicht unumstrittener Auffassung ist auch die Aufteilung eines Grundstücks nach § 8 WEG ebenso wie die Begründung von Wohnungseigentum nach § 3 WEG als Teilung des Vollrechts anzusehen, auf welche die Vorschriften über die Änderungen eines belasteten Rechts weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden sind. Der Schutz der Grundpfandgläubiger wird auch hier dadurch bewirkt, dass sich ihr Recht kraft Gesetzes in ein Gesamtgrundpfandrecht an den entstehenden Wohnungseigentumseinheiten umwandelt und damit an dem gesamten, in seiner Substanz unveränderten Haftungsobjekt fortbesteht.

Daran, dass die Begründung von Wohnungseigentum nicht der Zustimmung der Grundpfandgläubiger bedarf, deren Rechte auf dem gesamten Grundstück lasten, hat sich auch durch die Einführung des Rangklassenprivilegs für rückständiges Wohngeld in § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG durch das Gesetz zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze vom 26.3.2007 nichts geändert. Zwar führt dieses Privileg zu einer Verschlechterung der Rechtsstellung der Grundpfandgläubiger, weil sie nach der Aufteilung des Grundstücks im Fall der Zwangsvollstreckung mit vorrangigen Ansprüchen aus der Rangklasse des § 10 Abs.1 Nr. 2 ZVG rechnen müssen. Einer entsprechenden Anwendung der §§ 876, 877 BGB steht aber das Fehlen einer planwidrigen Regelungslücke entgegen.

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