Autobahnmeisterei kann wegen Absperrmaßnahmen direkten Anspruch gegen Kfz-Versicherer haben
BGH 28.9.2011, IV ZR 294/10Im 2008 war gegen Mittag in Höhe einer Ausfahrt der A 93 ein litauischer Sattelzug wegen eines Defekts der Kraftstoffzufuhr liegengeblieben. Er stand auf dem Verzögerungsstreifen der Ausfahrt und ragte teilweise in die rechte Fahrbahn hinein. Nachdem zunächst die Polizei die Unfallstelle abgesichert hatte, wurden die weiteren Maßnahmen von der Autobahnmeisterei übernommen. Für ihre Aufwendungen (Arbeitslohn, Einsatzkosten LKW, Absperr- und Vorwarntafel) stellte sie dem beklagten Versicherer rund 616 € in Rechnung. Dieser verweigerte allerdings die Zahlung.
AG und LG wiesen die Zahlungsklage ab. Auf die Revision der klagenden Bundesrepublik Deutschland hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurück.
Die Gründe:
Die Auffassung des LG hielt der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Zwar ging das Berufungsgericht zutreffend davon aus, dass der Klägerin gegen den Beklagten kein unmittelbarer Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag gem. §§ 683 S. 1, 670 BGB zustand. Ebenso wenig wie aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG, § 6 Abs. 1 AuslPflVG, § 10 Nr. 1 AKB (jetzt A 1.1.1 AKB 2008) und § 7 Abs. 1 StVG i.V.m. § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG, § 6 Abs. 1 AuslPflVG, § 10 Nr. 1 AKB. Der Klägerin stand jedoch gem. §§ 683 S. 1, 670 BGB i.V.m. § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG, § 6 Abs. 1 AuslPflVG, § 10 Nr. 1 AKB (jetzt A 1.1.1 AKB 2008) ein Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen für die Absicherungsmaßnahme anlässlich des Liegenbleibens des Sattelzuges zu.
Nach § 10 Nr. 1 AKB umfasst die Kfz-Haftpflichtversicherung die Befriedigung begründeter und Abwehr unbegründeter Schadensersatzansprüche, die aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts gegen den Versicherungsnehmer erhoben werden. Eine inhaltlich entsprechende Regelung enthält nunmehr A 1.1.1 AKB 2008. Unter den Begriff des Schadensersatzanspruchs nach § 10 Nr. 1 AKB fallen Aufwendungsersatzansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag gem. §§ 683 S. 1, 670 BGB, wenn sie schadensersatzähnlichen Charakter haben, weil die Aufwendungen dem Geschäftsführer infolge einer gesetzlichen Pflicht zum Eingreifen entstanden sind. Das ergibt die Auslegung von § 10 Nr. 1 AKB.
Ein Anspruch kommt also nicht nur dann in Betracht, wenn der Geschäftsführer im Rahmen der Geschäftsführung einen Schaden erleidet. Entsprechendes hat vielmehr auch dann zu gelten, wenn - wie hier - durch die öffentliche Hand im Rahmen der Gefahrenabwehr bzw. der sie selbst treffenden Verkehrssicherungspflicht als Straßeneigentümerin Absperr- und Sicherungsmaßnahmen vorgenommen werden, um Unfälle mit liegen gebliebenen Fahrzeugen zu vermeiden. Zwar erfolgt auch in einem solchen Fall das Vermögensopfer freiwillig, es wird aber durch die den Geschäftsführer treffenden öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Pflichten zur Gefahrenabwehr bzw. Verkehrssicherung erzwungen.
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