28.05.2013

Baumarktbetreiber müssen die Fußböden ihrer Geschäftsräume regelmäßig kontrollieren

Der Betreiber eines Baumarktes muss die Fußböden insbesondere im Kassenbereich seiner Geschäftsräume regelmäßig kontrollieren und die eine Rutschgefahr begründenden Verunreinigungen sofort beseitigen. Bei einem durchschnittlich starken Kundenaufkommen können infolgedessen Kontrollen im Abstand von 30 Minuten gefordert werden.

OLG Hamm 15.3.2013, 9 U 187/12
Der Sachverhalt:
Die 35-jährige Klägerin hatte im September 2011 einen der Baumärkte der bundesweit tätigen Beklagten besucht. Dabei war sie im Kassenbereich der Filiale auf einer auf dem Boden befindlichen Flüssigkeit ausrutscht und gestürzt. Sie zog sich eine Knieverletzung zu, für die sie von der Beklagten Schadensersatz verlangte, u.a. ein Schmerzensgeld in der Größenordnung von 15.000 €. Die Beklagte hielt dagegen, nicht für den Schaden haften zu müssen, da sie die ihr obliegende Verkehrssicherungspflichten erfüllt habe.

Das LG wies die Klage ab. Es war der Ansicht, ein Selbstbedienungsbaumarkt müsse mit seiner großen Verkaufsfläche nicht überall und jederzeit auf Gefahren, die von verschütteten Flüssigkeiten ausgehen können, kontrolliert werden. Hinzu komme, dass die Stelle, an der sich die Flüssigkeit befunden habe, schlecht einsehbar gewesen sei. Auf die Berufung der Klägerin hat das OLG die Entscheidung der Vorinstanz insoweit abgeändert, dass die Beklagte unter Berücksichtigung eines Mitverschuldensanteils der Klägerin von 1/3 dem Grunde nach zum Schadensersatz verurteilt wurde. Zur Entscheidung über die Höhe des Anspruches hat es die Sache an das LG zurückverwiesen. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Zu Unrecht hatte das LG einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte gem. §§ 280, 311 Abs. 2 Nr. 2, 241 Abs. 2 BGB abgelehnt.

Indem die Klägerin die Geschäftsräume der Beklagten betreten hatte, um Waren zu erwerben, war gem. § 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 BGB entstanden. Die vertraglichen Schutzpflichten i.S.v. § 241 Abs. 2 BGB zielen u.a. darauf ab, eine Verletzung der potentiellen Vertragspartner möglichst zu vermeiden und dadurch ihr Integritätsinteresse zu erhalten. Sie entsprechen daher inhaltlich den Verkehrssicherungspflichten, so dass die dazu entwickelten Grundsätze anwendbar sind.

Die Beklagte hatte die ihr als Betreiberin des Baumarktes obliegenden Verkehrssicherungspflichten verletzt. Ein Einzelhandelsunternehmen muss in den Grenzen des technisch Möglichen und wirtschaftlich Zumutbaren dafür sorgen, dass die Kunden durch die angebotene Ware und den Zustand der Geschäftsräume, insbesondere auch des Fußbodens, keine Schäden erleiden. Der Umfang der Kontrollpflichten hängt dabei vom Einzelfall ab, u.a. von der Kundenfrequenz, der Witterung und dem Gefahrenpotential der zum Verkauf angeboten Waren. So gibt es etwa in der Obst- und Gemüseabteilung eines Supermarktes, in der die Kunden die Waren selbst auswählen und abwiegen, ein hohes Risiko, dass Waren zu Boden fallen und Kunden auf ihnen ausrutschen könnten. Deswegen habe der Ladeninhaber dort in regelmäßigen Abständen von 15 bis 20 Minuten zu kontrollieren.

Dies ist mittlerweile obergerichtlich entschieden. Von der Beklagten als Betreiberin eines Selbstbedienungsbaumarktes können infolgedessen bei einem durchschnittlich starken Kundenaufkommen Kontrollen im Abstand von 30 Minuten gefordert werden. Ihr Warensortiment mit meist verpackten Produkten hat zwar nicht das Gefahrenpotential eines Lebensmittelmarktes mit einer Obst- und Gemüseabteilung. Die Beklagte vertreibt in dem Baumarkt jedoch auch Pflanzen, die unverpackt sind. Bei diesen besteht durchaus die Gefahr, dass sie Teile - wie z.B. Blätter - verlieren oder aus ihrer bewässerten Erde Wasser austritt. Dem muss die Beklagte in diesem Fall durch die regelmäßigen Kontrollen insbesondere im Kassenbereich Rechnung tragen.

Den ihr obliegenden Verkehrssicherungspflichten hatte die Beklagte im vorliegenden Fall nicht genügt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme waren die gebotenen regelmäßigen Kontrollen weder im Geschäftsbetrieb organisiert gewesen noch durchgeführt worden. Weil die Klägerin durch ihre Unaufmerksamkeit zum Unfall beigetragen hatte, traf sie jedoch ein Mitverschulden.

Linkhinweis:

OLG Hamm PM v. 28.5.2013
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