24.05.2016

Beharrliches Leugnen einer Pflichtverletzung durch den Mieter kann berechtigten Grund zur ordentlichen Kündigung darstellen

Ist der Mieter wegen einer erheblichen und schuldhaften Verletzung seiner vertraglichen (Neben-)Pflicht zur Obhut der Mietsache rechtskräftig zur Leistung von Schadensersatz verurteilt worden, kann in dem beharrlichen Leugnen der Pflichtverletzung jedenfalls dann ein berechtigter Grund zur ordentlichen Kündigung liegen, wenn Umstände festgestellt werden können, die die Besorgnis des Vermieters begründen, der Mieter setze seine Obhutspflichtverletzung auch nach der rechtskräftigen Verurteilung fort.

BGH 13.4.2016, VIII ZR 39/15
Der Sachverhalt:
Der Beklagte war seit April 2008 Mieter einer Wohnung der mittlerweile verstorbenen Vermieterin. Der Kläger ist Testamentsvollstrecker. Im Jahr 2010 hatte der Beklagte der von der Vermieterin beauftragten Hausverwaltung einen Schaden am Laminatboden sowie Schimmelbildung an den Fensterrahmen, Wänden und Decken angezeigt. Er hielt die feuchtigkeitsbedingten Schäden für bauseitige Mängel und minderte von Dezember 2010 bis Juli 2011 die Bruttomiete um 25 %.

Die Vermieterin vertrat die auf ein von ihr eingeholtes Privatgutachten gestützte Auffassung, für die feuchtigkeitsbedingten Schäden, die ihr der Beklagte zu spät angezeigt habe, sei allein dieser verantwortlich, da er falsch gelüftet und geheizt habe. Das AG Pankow/Weißensee verurteilte den Beklagten im Januar 2013 u.a. zur Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 2.805 €. Das Urteil ist rechtskräftig. Der Vollstreckungsversuch des Klägers blieb im Hinblick auf § 802c ZPO erfolglos.

Im Dezember 2013 kündigte der Kläger das Mietverhältnis mit dem Beklagten fristlos, hilfsweise ordentlich. Er war der Ansicht, dass der Beklagte die aus dem rechtskräftigen Urteil resultierende Verpflichtung auf Zahlung von Schadensersatz nicht erfüllt habe. Die Fortsetzung des Mietverhältnisses sei auch deshalb unzumutbar, weil der Beklagte seine durch das Urteil festgestellte Verantwortlichkeit für die in der Wohnung zu verzeichnende Schimmelbildung trotz der eingetretenen Rechtskraft nach wie vor in Abrede stelle. Er lüfte und heize nach wie vor nicht ausreichend und vernachlässige dadurch schuldhaft seine Mieterpflichten.

Mit der vorliegenden Klage nahm der Kläger den Beklagten auf Zahlung rückständiger Miete i.H.v. rund 262 € sowie Räumung der Wohnung in Anspruch. Die Räumungsklage stützte er zuletzt nur noch auf die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses. Das AG gab der Klage vollumfänglich statt. Das LG wies hingegen den Räumungsanspruch ab. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf als zum Nachteil des Klägers entschieden worden war und wies die Sache im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LG zurück.

Die Gründe:
Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung konnte dem Kläger eine Berechtigung zum Ausspruch der ordentlichen Kündigung gem. § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB aus Dezember 2013 und ein darauf gestützter Räumungsanspruch gem. § 546 Abs. 1 BGB nicht abgesprochen werden. Das LG hatte unter Verstoß gegen § 286 ZPO den in dem Kündigungsschreiben auf mehrere Aspekte gestützten Kündigungsgrund nicht ausgeschöpft und damit das rechtliche Gehör des Klägers in entscheidungserheblicher Weise verletzt.

Nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB besteht ein berechtigtes Interesse an einer fristgemäßen Beendigung des Mietverhältnisses, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat. Die Vorschrift setzt damit die Verletzung einer aus dem Mietverhältnis resultierenden Haupt- oder Nebenpflicht voraus. Der Kläger hatte sich in seinem Kündigungsschreiben nicht nur auf die Nichtzahlung der titulierten Forderung berufen, sondern erläuternd und ergänzend hierzu angeführt, dass der Beklagte die Verantwortung für die Feuchtigkeitsschäden beharrlich leugne und die pflichtwidrige und schuldhafte Vernachlässigung seiner Mieterpflichten fortsetze, indem er die Wohnung weiterhin nur unzureichend lüfte und heize.

Dieses Vorbringen durfte das Berufungsgericht nicht unbeachtet lassen, weil es entscheidungserheblich ist. Denn ist der Mieter wegen einer erheblichen und schuldhaften Verletzung seiner vertraglichen (Neben-)Pflicht zur Obhut der Mietsache rechtskräftig zur Leistung von Schadensersatz verurteilt worden, kann in dem beharrlichen Leugnen der Pflichtverletzung jedenfalls dann ein berechtigter Grund zur ordentlichen Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB liegen, wenn Umstände festgestellt werden können, die die Besorgnis des Vermieters begründen, der Mieter setze seine Obhutspflichtverletzung auch nach der rechtskräftigen Verurteilung fort.

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