06.09.2011

Bei Skiunfällen zwischen deutschen Staatsangehörigen in Österreich gelten deutsche Haftungsnormen

Für Schadensersatzansprüche von deutschen Staatsangehörigen aus einem Skiunfall in Österreich gelten gem. Art. 40 Abs. 2 S. 1 EGBGB die deutschen Haftungsnormen. Bei der Frage des Verschuldens sind zwar grundsätzlich die Verhaltensregeln des österreichischen Handlungsortes maßgebend. Trägt allerdings keine Partei spezielle Rechtsnormen vor, sind Regeln des internationalen Ski-Verbandes FIS (FIS-Regeln) ausschlaggebend.

LG Mönchengladbach 31.8.2011, 11 O 252/08
Der Sachverhalt:
Die Parteien befuhren im Januar 2006 zur Mittagszeit bei Sonnenschein eine Skipiste im österreichischen Flachau. Die Piste war nahezu leer und gut präpariert. Die Klägerin benutzte wie der Beklagte Carving-Ski. Im oberen Verlauf wies die als leicht eingestufte Piste ein Gefälle von 12 Grad bis 17 Grad auf und wurde nach unten hin flacher. Dort, wo der flache Endabschnitt beginnt, kollidierten die Parteien nahe dem linken Pistenrand. Die Parteien stießen dergestalt zusammen, dass der Beklagte mit seiner rechten Körperseite, vor allem seinem rechten Arm, und die Klägerin mit ihrer linken Schulter auf den jeweils anderen auftrafen. Hierbei zogen sich die Parteien erhebliche Verletzungen zu.

Die Klägerin behauptete, sie habe sich vor dem Zusammenstoß am linken Rand der Piste in kurzen Schwüngen talwärts bewegt. Sie sei zügig, aber nicht schnell gefahren. Der Beklagte sei in relativ großen Bögen und mit erheblich höherer Geschwindigkeit den Hang heruntergefahren. Er habe sich in einem weiten Rechtsbogen befunden, als er von links hinten auf sie, die Klägerin aufgefahren sei.

Der Beklagte behauptete hingegen, er habe die Piste mit engen Bögen befahren und sei auch nicht sonderlich schnell gewesen. Er habe die Klägerin bereits einige Zeit vor dem Zusammenstoß gesehen. Sie sei zunächst in engen Schwüngen 40 m vor ihm gefahren und dann zur Pistenmitte deutlich langsamer geworden. Daraufhin habe er sie überholt und sich bei Erreichen des Flachstücks aufgerichtet, um seine Ski auf dem letzten Stück auslaufen zu lassen. Er habe dann plötzlich einen heftigen Schlag auf der rechten Körperseite erhalten, als die Klägerin, nun wieder schnellfahrend, von rechts kommend auf ihn geprallt sei.

In der Folgezeit begehrte die Klägerin vom Beklagten die Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld. Der Beklagte begehrte seinerseits von der Klägerin die Zahlung von Schmerzensgeld. Das LG gab der Klage überwiegend statt, während es die Widerklage abwies.

Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Schadensersatzanspruch i.H.v. rund 8.884 € und auf Schmerzensgeld i.H.v. 8.000 € aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 253 Abs. 2 BGB sowie auf Feststellung seiner Eintrittspflicht für künftige Schäden.

Für Schadensersatzansprüche von deutschen Staatsangehörigen aus einem Skiunfall in Österreich gelten gem. Art. 40 Abs. 2 S. 1 EGBGB die deutschen Haftungsnormen. Bei der Frage des Verschuldens waren zwar eigentlich die Verhaltensregeln des österreichischen Handlungsortes maßgebend. Da allerdings keine Partei solche speziellen Rechtsnormen vorgetragen hatte, war nach den Regeln des internationalen Ski-Verbandes FIS (FIS-Regeln) zu entscheiden. Infolgedessen hatte der Beklagte gegen die FIS-Regeln 3 und 4 verstoßen. Danach muss der von hinten kommende Skifahrer seine Fahrspur so wählen, dass er vor ihm fahrende Skifahrer nicht gefährdet. Überholt werden darf immer nur mit einem Abstand, der dem überholten Skifahrer für alle seine Bewegungen genügend Raum lässt.

Soweit der Beklagte behauptete, zum Unfallzeitpunkt habe er sich vor der Klägerin befunden, so vermochte das Gericht dem kein Glauben zu schenken. Ein Abbremsen der Klägerin etwa 100 bis 200 m oberhalb der Unfallstelle, wie vom Beklagten vorgetragen, hätte nämlich bedeutet, dass die Klägerin die Unfallstelle nicht rechtzeitig erreicht hätte und es nicht zur Kollision gekommen wäre. Dies ergab sich aus den überzeugenden und gut nachvollziehbaren Berechnungen des Sachverständigen.

Linkhinweis:

www.nrwe.de - Rechtsprechungsdatenbank NRW
Zurück