09.10.2012

Besetzung einer Notarstelle kann sich nach der Dauer des Anwärterdienstes richten

Wenn die Justizverwaltung in dem nach § 6 Abs. 3 S. 1 BNotO gebotenen Auswahlverfahren zu dem Ergebnis kommt, Bewerber seien annähernd gleich geeignet und dann anhand des Kriteriums "Dauer des Anwärterdienstes" weiter differenziert, kann dies grundsätzlich nicht als rechtlich bedenklich angesehen werden. Die angemessene Berücksichtigung der Dauer des Anwärterdienstes trägt auch der nach § 4 S. 2 BNotO gebotenen Wahrung einer geordneten Altersstruktur des Notarberufs Rechnung.

BGH 23.7.2012, NotZ(Brfg) 4/12
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist am 14.1.1975 geboren und legte im November 2003 die zweite juristische Staatsprüfung mit der Note "gut" (12,26 Punkte) ab. Im April 2006 wurde er in den Anwärterdienst für das Amt des Notars übernommen. Der am 18.5.1970 geborene Beigeladene zu 1) in der zweiten juristischen Staatsprüfung im August 2000 die Note "vollbefriedigend" (11,19 Punkte). Er wurde im September 2004 in den Anwärterdienst für das Amt des Notars übernommen. Beide bewarben sich auf eine im Justizministerialblatt für NRW im März 2011 ausgeschriebene Notarstelle.

Der Präsident der Beigeladenen zu 2) bewertete in seinen dienstlichen Beurteilungen, denen die Präsidentin des OLG in ihrer Überbeurteilung nicht entgegentrat, die Fähigkeiten und fachlichen Leistungen des Klägers mit der Note "sehr gut" (16 Punkte) und die des Beigeladenen zu 1) mit "sehr gut" (17 Punkte). Der Beklagte bewertete beide Bewerber als fachlich annähernd gleich. Wegen der um insgesamt ca. 10 Monate längeren Dienstzeit zog er nach § 6 Abs. 3 Satz 2 BNotO den Beigeladenen zu 1) dem Kläger allerdings vor.

Der Kläger war der Ansicht, die Auswahlentscheidung orientiere sich nicht an Eignung und Leistung, sondern am Dienstalter. Es liege ein Fall der sog. Handsteuerung vor. Das Beurteilungssystem sei generell unbrauchbar und werde rechtswidrig schematisch gehandhabt.

Das OLG verurteilte den Beklagten dazu, den Kläger auf seine Bewerbung hin erneut zu bescheiden. Auf die Berufung des Beklagten hob der BGH das Urteil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Entgegen der Auffassung des OLG entsprach die dienstliche Beurteilung der Beigeladenen zu 2), die in Gestalt der Überbeurteilung der Präsidentin des OLG zur Grundlage der angegriffenen Besetzungsentscheidung geworden war, den rechtlichen Vorgaben.

Wenn die Justizverwaltung in dem nach § 6 Abs. 3 S. 1 BNotO gebotenen Auswahlverfahren zu dem Ergebnis kommt, Bewerber seien annähernd gleich geeignet und dann anhand des Kriteriums "Dauer des Anwärterdienstes" (§ 6 Abs. 3 S. 2 BNotO) weiter differenziert, kann dies grundsätzlich nicht als rechtlich bedenklich angesehen werden. Die angemessene Berücksichtigung der Dauer des Anwärterdienstes trägt auch der nach § 4 S. 2 BNotO gebotenen Wahrung einer geordneten Altersstruktur des Notarberufs Rechnung.

Die grundsätzlichen Bedenken des Klägers gegen die verfassungsrechtlich gebotene Bestimmtheit der Regelungen in § 3 der Verordnung über die Ausbildung der Notarassessorinnen und Notarassessoren waren unerheblich. Den für die Beurteilung zuständigen Stellen steht es frei, im Interesse der Gleichbehandlung der Bewerber Hinweise zur Beurteilung zu geben. Bei diesem Vermerk handelt es sich auch nicht um eine Rechtsnorm, die einer gesetzlichen Ermächtigungsnorm bedürfte. Er soll lediglich den Ausbildungsnotaren als Orientierungshilfe dienen. Auch die Angriffe des Klägers gegen die konkrete Beurteilung gingen ins Leere. Abweichende Wertungen bedürfen in einzelnen Beurteilungsbeiträgen keiner Begründung. Die einzelnen Beiträge sind lediglich Hilfsmittel für die Bildung der dem Beurteiler zustehenden abschließenden Wertung. Einer "Abweichungsbegründung" bedurfte es im Streitfall im Übrigen schon mangels einer Abweichung nicht.

Entgegen der Auffassung des Klägers war die Besetzungsentscheidung des Beklagten auch nicht aus anderen Gründen rechtlich zu beanstanden. Bei der Auswahlentscheidung im Fall des § 6 Abs. 3 BNotO geht es darum, das verschiedene Maß der Eignung von Bewerbern, die allesamt dem Mindeststandard des § 6 Abs. 1 S. 1 BNotO genügen, vergleichend zu ermitteln. Die mithin nur eingeschränkt überprüfbaren Erwägungen des Beklagten befassten sich hinreichend mit den maßgeblichen Umständen und wogen sie umfassend ab. Insoweit kam dem Kläger kein signifikanter Eignungsvorsprung zu Gute. Danach war nicht zu bemängeln, dass der Beklagte trotz der Berücksichtigung des besseren Ergebnisses des Klägers im zweiten Staatsexamen für fachlich annähernd gleich geeignet bewertet und dem Beigeladenen zu 1) im Hinblick auf dessen höheres Dienstalter den Vorzug gegeben hatte.

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