02.09.2019

Besondere Sorgfaltspflichten für Kite-Surfer beim Startvorgang

Ein Kitesurfer schafft durch seinen Lenkdrachen (Kite) eine Gefahrenquelle schafft und muss daher dafür sorgen, dass ihm beim Startvorgang genügend Platz zur Verfügung steht, damit eine Gefährdung von anderen Personen, die sich eventuell in der Nähe befinden, ausgeschlossen wird. Dies gilt insbesondere, wenn die Nutzung der Wiese durch Nicht-Kiter nicht verboten ist bzw. die Wiese für diese nicht gesperrt ist.

LG Köln v. 5.8.2019 - 19 O 49/18
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte im Oktober 2017 im holländischen Hindeloopen einen Spaziergang vom naheliegenden Deich aus über eine Wiese in Richtung Strand unternommen. Zur gleichen Zeit war die Beklagte, eine aus dem Raum Köln stammende Kite-Surferin mit ihrem Lenkdrachen unterwegs. Auf der Wiese stieß die Beklagte an ihrem Kite hängend mit dem Kläger zusammen. Dieser erlitt eine Unterschenkelfraktur und musste zwei Mal operiert werden.

Später machte der Kläger die von ihm selbst getragenen Behandlungskosten i.H.v. rund 400 € sowie ein Schmerzensgeld von mind. 8.000 € gegenüber der Beklagten geltend. Er war der Ansicht die Beklagte habe bei einer Windstärke von 40 Knoten einen Bedienungsfehler begangen und ihn völlig unvermittelt umgerissen. Dabei sei er mehrere Meter durch die Luft geschleudert worden.

Dem entgegnete die Beklagte, dass die Wiese durch eine entsprechende Beschilderung als Start- und Landezone für Kite-Surfer ausgewiesen sei. Der Kläger sei unmittelbar durch ihren Startbereich gelaufen. Während des Startvorgangs sei sie durch eine Böe seitlich weggezogen worden, was sie mit einem Ausfallschritt habe ausgleichen wollen. Dabei habe ihr der Kläger im Weg gestanden und es sei zur Kollision gekommen.

Das LG Köln hat der Klage auf Schadensersatz, insbesondere auf Zahlung eines Schmerzensgeldes von 6.500 € stattgegeben. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

Die Gründe:
Das Verschulden an dem Zusammenstoß war allein der beklagten Kite-Surferin anzulasten.

Ein Kitesurfer schafft bereits durch das Bedienen seines Sportgeräts eine Gefahrenquelle, zumal er in besonderem Maße den Kräften des Windes ausgesetzt ist, welche naturgemäß nicht beeinflussbar sind. Somit trifft ihn auch eine gesteigerte Verantwortung dafür, die aus dieser Gefahr resultierenden Folgen zu vermeiden. Insbesondere muss er dafür Sorge tragen, dass ihm für den Startvorgang genügend Platz zur Verfügung steht und eine Gefährdung anderer ausgeschlossen ist. Infolgedessen müssen Kitesurfer ihre Umgebung immer kontinuierlich beobachten und sich vergewissern, dass sich keine Personen im näheren Umfeld befinden.

Unerheblich war im vorliegenden Fall, ob die Beklagte sich in einer besonders ausgewiesenen Kite-Zone befunden hatte, denn die Nutzung der Wiese durch Nicht-Kiter war nicht verboten bzw. die Wiese war für diese nicht gesperrt. Insofern befand sich der Kläger auf einer öffentlich zugänglichen Wiese, weshalb ihn kein Mitverschulden traf. Für einen mit der Sportart nicht vertrauten Spaziergänger sind die Gefahren des Kitesurfens in der Regel nicht ohne weiteres erkennbar.
 
AG Frankfurt a.M. PM vom 30.8.2019