25.04.2012

Bestimmtheitsgrundsatz gilt auch für den Inhalt des Sondereigentums

Eine Regelung in der Teilungserklärung, durch die sich der teilende Eigentümer vorbehält, an Flächen des Gemeinschaftseigentums nachträglich Sondernutzungsrechte zu begründen, muss dem sachenrechtlichen Bestimmtheitserfordernis genügen. Denn dieses verlangt, dass jedermann den Inhalt eines dinglichen Rechts anhand der Eintragungen im Grundbuch eindeutig erkennen kann.

BGH 20.1.2012, V ZR 125/11
Der Sachverhalt:
Bei den Parteien handelte es sich um Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft, die infolge der Teilung eines Grundstücks durch den Beklagten entstanden war. Diesem gehören mehrere im Erdgeschoss gelegene Wohnungs- und Teileigentumseinheiten. Die Kläger sind Eigentümer einer Wohnung im zweiten Obergeschoss.

Aufgrund der im Juli 2000 geänderten Teilungserklärung war der Beklagte unwiderruflich befugt, den im Erdgeschoss gelegenen Wohnungen Teile der Gartenflächen als Terrassen zur Sondernutzung zuzuordnen. Die Befugnis sollte für das jeweilige Sondernutzungsrecht nach dessen Eintragung in das Grundbuch des begünstigten Wohnungs- bzw. Teileigentums erlöschen. Mit notarieller Urkunde wies der Beklagte im August 2009 einzelnen Einheiten jeweils ein Sondernutzungsrecht an näher bezeichneten und in einem Lageplan eingezeichneten Hofflächen zu. Weitere Zuweisungen von Sondernutzungsflächen waren geplant.

Die Kläger verlangten vom Beklagten, es zu unterlassen, künftig Sonderrechtszuweisungen in Bezug auf die im Gemeinschaftseigentum stehenden Freiflächen vorzunehmen. Ferner beantragten sie die Unwirksamkeit der vorgenommenen Zuweisung zu erklären.

Das AG gab der Klage statt. Berufung und Revision des Beklagten blieben erfolglos.

Die Gründe:
Unterlassungs- und den Feststellungsantrag waren begründet, da der Beklagte ohne Zustimmung der übrigen Miteigentümer nicht berechtigt war, Flächen des Gemeinschaftseigentums einzelnen Einheiten als Sondernutzungsrecht zuzuordnen.

Eine Regelung in der Teilungserklärung, durch die sich der teilende Eigentümer vorbehält, an Flächen des Gemeinschaftseigentums nachträglich Sondernutzungsrechte zu begründen, muss dem sachenrechtlichen Bestimmtheitserfordernis genügen. Denn dieses verlangt, dass jedermann den Inhalt eines dinglichen Rechts anhand der Eintragungen im Grundbuch eindeutig erkennen kann. Zu diesem Inhalt gehören alle Regelungen der Teilungserklärung mit Vereinbarungscharakter und damit auch Ermächtigungen, durch die Entscheidungen, die nach dem Gesetz einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer bedürfen, auf den teilenden Eigentümer übertragen werden.

Da Sondernutzungsrechte nach Entstehen der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft nur durch eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer begründet werden können, hat eine Regelung, mit der diese Kompetenz dem teilenden Eigentümer vorbehalten bleibt, Vereinbarungscharakter und gehört, wenn sie in das Grundbuch eingetragen wird, zu dem Inhalt des Sondereigentums. Infolgedessen genügte der der hier zu beurteilende Vorbehalt dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz nicht. Die Formulierung, der Beklagte sei befugt "Teile der Gartenflächen als Terrassen zur Sondernutzung" zuzuordnen, ließ offen, auf welche Flächen des Gemeinschaftseigentums sich die Befugnis bezog. Diese waren weder aus einem Lageplan ersichtlich noch in anderer Form beschrieben.

Infolge der Begrenzung auf "Teile" der Gartenflächen konnte der Vorbehalt auch nicht als Befugnis verstanden werden, an sämtlichen Gartenflächen Sondernutzungsrechte zu begründen. Dem Bestimmtheitsgrundsatz wäre allerdings auch dann nur genügt, wenn zweifelsfrei feststünde, welche Teile des Gemeinschaftseigentums als Gartenflächen anzusehen sind. Ein bestimmter Inhalt der Ermächtigung ließ sich deshalb auch im Wege der Auslegung nicht feststellen.

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