07.02.2012

Beweiserleichterungen nach dem Transfusionsgesetz finden bei homöopathischen Eigenblutprodukten keine Anwendung

Die nach Transfusionsgesetz geltenden Beweiserleichterungen für geschädigte Patienten finden bei Injektionen von homöopathischen Eigenblutprodukten keine Anwendung. Auch der enge zeitliche Zusammenhang einer Infektion mit einer Injektion stellt noch keinen typischen Geschehensablauf dar, der einen Anscheinsbeweis für die Infektion durch die Injektion rechtfertigen könnte.

BGH 17.1.2012, VI ZR 336/10
Der Sachverhalt:
Die Klägerin befand sich zwischen Mai und Juli 2005 bei der beklagten Heilpraktikerin in Behandlung. Bei der Erstbehandlung wurde ihr Blut zur Durchführung einer sog. Eigenbluttherapie entnommen. Die Beklagte hat das der Klägerin entnommene Blut sofort zentrifugiert, das so gewonnene Serum mit Kochsalz und Nosoden aufbereitet, in 20 gleich große Spritzen gefüllt und diese in einer mit dem Namen der Klägerin beschrifteten Dose eingefroren.

Die Klägerin machte später geltend, die Beklagte habe ihr im Juni 2005 zwei Spritzen verabreicht, von denen eine nicht mit dem Eigenblut der Klägerin, sondern mit infiziertem Fremdblut gefüllt gewesen sei. Hierdurch habe sie sich eine Infektion mit Hepatitis-C-Viren zugezogen, an deren Folgen sie noch heute leide. Daraufhin nahm sie die Beklagte auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens sowie Feststellung in Anspruch.

Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Das OLG hat allerdings die Revision zugelassen, weil höchstrichterlich noch nicht entschieden worden sei, aber der Klärung bedürfe, ob die Dokumentationspflichten des Transfusionsgesetzes (TFG) auf Eigenbluttherapien von Heilpraktikern Anwendung finden und ob bei Anwendung des TFG unter den gegebenen Umständen der Klägerin Beweiserleichterungen zu Gute kommen. Die Revision blieb jedoch vor dem BGH erfolglos.

Die Gründe:
Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Klägerin für eine Infektion mit Hepatitis-C-Viren aufgrund einer im Juni 2005 erfolgten Fremdblutinjektion beweisfällig geblieben war, war aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Insbesondere ließen sich zugunsten der Klägerin keine Beweiserleichterungen aus einem etwaigen Verstoß der Beklagten gegen die in § 14 TFG (in der zum Behandlungszeitpunkt geltenden Fassung) geregelten Dokumentationspflichten herleiten. Für den Streitfall kam es dabei nicht darauf an, ob das TFG im Regelfall auf Heilpraktiker Anwendung findet, obwohl nach dem Wortlaut des § 4 TFG a.F. Normadressat die "behandelnde ärztliche Person" ist. Die Bestimmungen des Transfusionsgesetzes fand vielmehr nach § 28 Fall 2 TFG a.F. keine Anwendung, weil die Beklagte der Klägerin ein homöopathisches Eigenblutprodukt injiziert hatte.

Dieses Ergebnis entsprach auch der vom Gesetzgeber mit § 28 TFG verfolgten Intention, wegen wesentlicher Unterschiede im Entnahmevorgang, in der entnommenen Menge, Herstellung und Anwendung von homöopathischen Eigenblutprodukten im Vergleich zu herkömmlichen Eigenblutspenden eine Ausnahmeregelung von den im TFG normierten Pflichten zuzulassen. War mithin eine unzureichende Dokumentation durch die Beklagte mangels einer Pflicht zu einer umfangreicheren Dokumentation im Streitfall nicht gegeben, konnten schon deshalb nicht die vom erkennenden Senat entwickelten Beweisgrundsätze bei Verletzung der ärztlichen Dokumentationspflicht entsprechend herangezogen werden.

Auch im Übrigen kamen der Klägerin aber keine Beweiserleichterungen zu Gute. Zwar hat der erkennende Senat einen Anscheinsbeweis für die Infektion durch eine kontaminierte Blutkonserve angenommen, wenn bei dem Empfänger von Blutprodukten nach der Transfusion eine HIV-Infektion auftrat, ohne dass er einer HIV-gefährdeten Risikogruppe angehörte, und die Kontaminierung der verwendeten Blutkonserve mit dem HIV-Erreger feststand. Allein der enge zeitliche Zusammenhang einer Infektion mit einer Injektion - wie hier - stellt jedoch noch keinen typischen Geschehensablauf dar, der einen Anscheinsbeweis für die Infektion durch die Injektion rechtfertigen könnte.

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