05.09.2014

Billigung verschiedener Maßnahmen Frankreichs zugunsten von SNCM teilweise nichtig

Der EuGH hat die teilweise Nichtigerklärung der Entscheidung, mit der die Kommission verschiedene Maßnahmen Frankreichs zugunsten von SNCM gebilligt hatte, bestätigt. Das EuG hatte entschieden, dass der Kommission mehrere Beurteilungsfehler sowohl hinsichtlich der Kapitalzuführung als auch des Privatisierungsplans unterlaufen seien.

EuGH 4.9.2014, C-533/12 P u.a.
Der Sachverhalt:
Die SNCM ist ein französisches Schifffahrtunternehmen, das regelmäßige Schiffverbindungen vom französischen Festland anbietet. 2002 stand dieses Unternehmen zu 20 Prozent im Eigentum der SNCF und zu 80 Prozent im Eigentum der CGMF, deren Kapital wiederum zu 100 Prozent unmittelbar vom französischen Staat gehalten wird. Bei der Öffnung des Kapitals von SNCM 2006 wurde die Kontrolle über diese Gesellschaft zu 66 Prozent von privaten Unternehmen übernommen, während 25 Prozent ihres Kapitals im Besitz von CGMF verblieben und 9 Prozent den Arbeitnehmern vorbehalten blieben.

Die EU-Kommission stellte hierzu fest, dass die im Jahr 2002 vorgenommene Kapitalzuführung von CGMF an SNCM i.H.v. 76 Mio. € (53,48 Mio. € für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen und 22,52 Mio. € als Umstrukturierungsbeihilfen) mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sei. Die Maßnahmen des Privatisierungsplans von 2006 seien keine staatlichen Beihilfen. Diese Maßnahmen umfassten eine Veräußerung von SNCM durch CGMF zu einem negativen Kaufpreis von 158 Mio. € (Kapitalaufstockung), eine zusätzliche Kapitalzuführung von CGMF i.H.v. 8,75 Mio. € und schließlich einen Kontokorrentvorschuss von 38,5 Mio. € zur Finanzierung eines von den Übernehmern ggf. aufzustellenden Sozialplans. SAS, der Hauptwettbewerber von SNCM, erhob Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission.

Das EuG erklärte die Entscheidung teilweise für nichtig, da es der Auffassung war, dass der Kommission mehrere Beurteilungsfehler sowohl hinsichtlich der Kapitalzuführung als auch des Privatisierungsplans unterlaufen seien. Die hiergegen gerichteten Rechtsmittel von SNCM und Frankreich hatten vor dem EuGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Im Hinblick auf die Veräußerung von SNCM zu einem negativen Kaufpreis von 158 Mio. € hat das EuG entgegen der Ansicht der Kläger den "Test des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers" korrekt angewandt. Es hat die Kriterien ordnungsgemäß bestimmt, die für die Ermittlung des umsichtigen privaten Kapitalgebers, mit dem das fragliche öffentliche Unternehmen (CGMF) verglichen werden musste, notwendig sind. Außerdem ist das EuG ordnungsgemäß zu dem Ergebnis gekommen, dass es die Kommission nicht vermocht hat, rechtlich hinreichend darzulegen, dass das Verhalten des französischen Staats durch eine vernünftige Wahrscheinlichkeit motiviert war, einen langfristigen materiellen Nutzen aus dem fraglichen Geschäft zu ziehen.

Was die von CGMF mit den privaten Übernehmern gemeinsam und gleichzeitig erfolgte Kapitalzuführung i.H.v. 8,75 Mio. € betrifft, hat das EuG bei der Bewertung der Wirkungen der Klausel über die Auflösung der Veräußerung, die zum Zeitpunkt der Kapitalzuführung im Zusammenhang mit der teilweisen Privatisierung von SNCM vereinbart worden war, keine Rechtsfehler begangen. Die Übernehmer haben nämlich im Fall der Ausübung dieser Klausel die Möglichkeit, ihre Kapitalzuführung zurückzuerlangen und sich aus SNCM zurückzuziehen.

Es ist daher offensichtlich, dass die Klausel über die Auflösung Auswirkungen auf die Bedingungen dieser Rekapitalisierung haben und so die Vergleichbarkeit der Kapitalzuführungen durch die öffentlichen und privaten Übernehmer beeinflussen kann. Da das EuG Anhaltspunkte festgestellt hat, die das Vorliegen einer solchen Beeinflussung beweisen, konnte es zutreffend zu dem Schluss kommen, dass die Kommission eine vertiefte Untersuchung der wirtschaftlichen Auswirkungen der Klausel über die Auflösung der Veräußerung hätte vornehmen müssen.

Linkhinweis:

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EuGH PM Nr. 115 vom 4.9.2014