07.05.2015

Boykottaufruf als zulässige Meinungsäußerung im Landtagswahlkampf

Ein im Wahlkampf verbreiteter Boykottaufruf im Hinblick auf einen Friseursalon des Landtagskandidaten einer konkurrierenden Partei kann als von der grundrechtlich in Art. 5 GG geschützten Meinungsfreiheit gedeckt sein. Bei dem Satz: "Man weiß nie, wo die Schere ansetzt." handelt es sich um eine sarkastische und in zulässiger Form zugespitzte Äußerung im Wahlkampf.

OLG Dresden 5.5.2015, 4 U 1676/14
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Mitglied der AfD und betreibt einen Friseursalon. Der Beklagte ist Mitglied der Grünen. Beide Beteiligten traten im Rahmen des Landtagswahlkampfs als Kandidaten ihrer konkurrierenden Parteien öffentlich in Erscheinung. Auf seinem privaten Twitter-Account veröffentlichte der Beklagte folgende Mitteilung:
"Ab sofort empfehle ich, nicht mehr zum Friseur (Kläger) in #(Ort) zugehen. Inhaber ist ein #AFD ler. Man weiß nie, wo die Schere ansetzt."

In der Folgezeit forderte der Kläger den Beklagten auf, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Nachdem dies ohne Erfolg blieb, verlangte er im Wege des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens von dem Beklagten die Abgabe einer Unterlassungserklärung.

Das LG gab dem Antrag statt und verurteilte den Beklagten zur Unterlassung. Auf die Berufung des Beklagten änderte das OLG die Entscheidung des LG ab und wies den Antrag des Klägers zurück. Gegen das Urteil des OLG ist kein ordentliches Rechtsmittel vorgesehen.

Die Gründe:
Die Empfehlung, die Dienstleistung des Klägers nicht mehr in Anspruch zu nehmen, begründet keinen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Im Lichte der älteren Rechtsprechung zur Zulässigkeit von wirtschaftlich uneigennützigen Boykottaufrufen im öffentlichen Meinungskampf war festzustellen, dass die Äußerung, der Kläger sei Mitglied der AfD, eine wahre Tatsachenbehauptung ist, deren Verbreitung nicht untersagt werden kann. Der Satz: "Man weiß nie, wo die Schere ansetzt." stellt insoweit keinen rechtswidrigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers dar. Vielmehr handelt es sich um eine sarkastische und in zulässiger Form zugespitzte Äußerung im Wahlkampf.

OLG Dresden PM vom 5.5.2015