20.12.2019

Das ändert sich 2020 im Arbeits- und Sozialrecht - Teil 1: Fachkräfteeinwanderungsgesetz

Auf die Reaktion des deutschen Gesetzgebers auf das aufsehenerregende Arbeitszeiturteil des EuGH (EuGH, Urt. v. 14.5.2019 - C-55/18, ArbRB 2019, 162 [Marquardt]) wartet die Fachwelt zwar noch vergeblich. Auch die Umsetzung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Änderungen bei der sachgrundlosen Befristung ist noch nicht in Sicht. Andere Neuerungen hat der Gesetzgeber aber auf den Weg gebracht, wie z.B. das Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das am 1.3.2020 in Kraft treten wird, und damit weitere im Zusammenhang stehende Verordnungen.

+++ 1. Fachkräfteinwanderungsgesetz +++

Das Fachkräfteinwanderungsgesetz verfolgt das Ziel, den Arbeitsmarkt für Fachkräfte aus Staaten außerhalb der EU vollständig zu öffnen. Die wichtigsten Änderungen im Überblick:

  • Anwendungsbereich: Das Gesetz richtet sich an Arbeitnehmer aus Nicht-EU-Staaten, die in Deutschland arbeiten möchten - und zwar nicht nur an akademisch ausgebildete Fachkräfte.
  • Voraussetzungen für ein Visum bzw. Aufenthaltstitel: Grundsätzlich jeder, der ein konkretes Arbeitsplatzangebot vorweisen kann, darf künftig in Deutschland arbeiten. Personen ab 45 Jahren müssen allerdings ein Mindestgehalt oder eine angemessene Altersversorgung nachweisen. Weitere Voraussetzung für die Erteilung eines Visums oder Aufenthaltstitels ist die Feststellung der Gleichwertigkeit der Qualifikation. Es ist die Ausübung jeder qualifizierten Tätigkeit erlaubt, zu der die Qualifikation befähigt. Wie bisher prüft die Bundesagentur für Arbeit, ob die Beschäftigungsbedingungen denen vergleichbarer inländischer Arbeitnehmer entsprechen.
  • Wegfall bisheriger Beschränkungen: Die Beschränkung auf sog. Engpassberufe, die besonders vom Fachkräftemangel betroffen sind, entfällt. Auch auf die bislang verpflichtende Vorrangprüfung, ob nicht auch Deutsche oder EU-Bürger für die Stelle in Frage kommen, wird grds. verzichtet. Ausnahmen können sich jedoch durch Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt ergeben.
  • Einreise zur Arbeitssuche: Probeweise wird ermöglicht, dass Menschen mit Berufsausbildung bis zu sechs Monate in Deutschland bleiben können, um sich eine Stelle zu suchen. Sozialleistungen erhalten sie in dieser Zeit nicht. Außerdem müssen sie nachweisen, dass ihr Lebensunterhalt während des Aufenthalts gesichert ist. Die Regelung ist auf fünf Jahre befristet.
  • Einreise zur Suche eines Ausbildungsplatzes: Wer in Deutschland einen Ausbildungsplatz suchen möchte, muss einen Schulabschluss nachweisen, der im Heimatland die Aufnahme eines Studiums erlaubt.
  • Beschleunigtes Verfahren: Mit dem beschleunigten Fachkräfteverfahren wird die Möglichkeit eines schnelleren und planungssichereren Visumverfahrens eingeführt. Voraussetzung ist eine Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und der örtlich zuständigen Ausländerbehörde. Sobald alle Unterlagen vorliegen und die Ausländerbehörde die Zustimmung zur Einreise erteilt hat, erhält die Fachkraft innerhalb von drei Wochen einen Termin in der Auslandsvertretung und innerhalb weiterer drei Wochen das Visum.
  • Umsetzung im Aufenthaltsgesetz: Die aufenthaltsrechtlichen Vorschriften für Fachkräfte befinden sich künftig abschließend im Aufenthaltsgesetz. Die Regelungen in der Beschäftigungsverordnung entfallen.

+++ 2. Begleitende Verordnung +++

Ergänzend zum Fachkräfteeinwanderungsgesetz wird Anfang März 2020 die Verordnung zur Änderung der Beschäftigungsverordnung und der Aufenthaltsverordnung in Kraft treten, mit der weitere Regelungen vereinfacht, weiterentwickelt und an die Bedürfnisse der Praxis angepasst werden. Hier die wichtigsten Inhalte:

  • Bus- und Berufskraftfahrer: Berufskraftfahrer im Güterverkehr und Busfahrer können künftig unter besonderen Voraussetzungen eine Beschäftigung in Deutschland aufnehmen. Damit wird berücksichtigt, dass in der EU die Befähigung als Berufskraftfahrer in der Regel mit der Grundqualifikation oder beschleunigten Grundqualifikation erworben wird.
  • Religiöse Beschäftigungen: Für vorwiegend aus religiösen Gründen beschäftigte Personen wird künftig zur Förderung der Integration vor der Einreise grds. der Nachweis von einfachen beziehungsweise - nach einer Übergangsfrist - hinreichenden Deutschsprachkenntnissen als Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels zur Ausübung der religiösen Beschäftigung verlangt.
  • eSport: eSportler aus Drittstaaten, die eSport berufsmäßig ausüben, können künftig in deutschen Vereinen oder vergleichbaren Einrichtungen eine Beschäftigung aufnehmen.
  • Sonstiges: Des Weiteren enthält die Verordnung Sonderregelungen für Führungskräfte, leitende Angestellte und Spezialisten, für Praktika von Schülern deutscher Auslandsschulen, für Werklieferungsverträge und besondere Personengruppen.

+++ 3. Eröffnung der Zentralen Servicestelle Berufsanerkennung (ZSBA) +++

Zum 1.2.2020 wird die Zentrale Servicestelle Berufsanerkennung (ZSBA) bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) in Bonn ihre Arbeit aufnehmen. Die ZSBA hat die Aufgabe, Anerkennungssuchende, die sich im Ausland befinden, über die Aussichten und Voraussetzungen eines Anerkennungsverfahrens bzw. der Berufszulassung und die damit im Zusammenhang stehenden aufenthaltsrechtlichen Fragen konkret zu beraten und durch das Anerkennungsverfahren bis zur Einreise nach Deutschland zu begleiten. Mit der Einrichtung der ZSBA werden drei wesentliche Ziele verfolgt:

  • Anerkennungssuchenden, die sich im Ausland befinden, einen bundesweit zentralen Ansprechpartner anzubieten,
  • zuständige Stellen von der kommunikationsintensiven Beratung der Antragstellenden zu entlasten,

das Anerkennungsverfahren transparenter und für den einzelnen Antragstellenden effizienter zu gestalten.

BMAS PM vom 16.12.2019