29.04.2015

Das Ausnutzen einer Kreditkarte ist nicht zwangsläufig strafbar

Überlässt der Kreditkarteninhaber seine Karte einem Dritten zur eigennützigen Verwendung, macht sich dieser nicht bereits dann wegen Untreue strafbar, wenn er die Kreditkarte nach dem Tod des Inhabers weiterhin ausnutzt. In einem solchen Fall fehlt es an der Vermögensbetreuungspflicht sowohl gegenüber dem Verstorbenen als auch gegenüber dessen Erben.

OLG Hamm 12.3.2015, 1 RVs 15/15
Der Sachverhalt:
Die heute 57 Jahre alte Angeklagte betreute den Haushalt eines im Januar 2013 verstorbenen, vermögenden Mannes.. Dieser hatte ihr im September 2012 seine Kreditkarte zur freien Nutzung, also für eigene Zwecke, überlassen. Die Karte hatte einen Verfügungsrahmen von 5.000 € im Monat. Nach dem Tode des Mannes und in der Kenntnis, nicht zu seiner Erbin berufen zu sein, tätigte die Angeklagte mit der Kreditkarte im Januar 2013 noch 22 Umsätze im Umfang von ca. 4.500 €.

AG und LG verurteilten die Angeklagte aufgrund dieses Geschehens wegen Untreue zu einer Geldstrafe von 600 €, da sie die Kreditkarte zum Nachteil der Erben des verstorbenen Arbeitgebers missbraucht habe. Auf die Revision der Angeklagten hob das OLG die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und sprach die Angeklagte frei.

Die Gründe:
Im angefochtenen Berufungsurteil wurde verkannt, dass die Angeklagte eine (für beide Tatbestandsalternativen des § 266 Abs. 1 StGB erforderliche) Vermögensbetreuungspflicht weder gegenüber dem Verstorbenen noch gegenüber dessen Erben getroffen hatte. Eine Untreue i.S.v. § 266 Abs. 1 StGB konnte damit nicht vorliegen.

Eine strafrechtlich relevante Vermögensbetreuungspflicht trifft einen Täter dann, wenn er fremde Vermögensinteressen von einiger Bedeutung zu wahren hat. Insoweit ist bedeutsam, ob die fremdnützige Vermögensfürsorge eine Hauptpflicht der Rechtsbeziehung bildet und ob der Verpflichtete eigenverantwortlich entscheiden darf. Sein bloßer Bezug zu fremden Vermögensinteressen genügt dafür nicht.

Im vorliegenden Fall war davon auszugehen, dass die Angeklagte zu den Vermögensinteressen der Erben nur einen solchen Bezug und nicht eine strafrechtlich relevante Vermögensbetreuungspflicht hatte, als sie nach dem Tod des Arbeitgebers mit Hilfe der Kreditkarte weitere Umsätze getätigt hatte. Ihr war die Kreditkarte zur eigennützigen Verwendung mit einem schon im Kreditkartenverhältnis begrenzten monatlichen Verfügungsrahmen überlassen worden.

Die Angeklagte war auch nicht wegen Betruges oder wegen einer Unterschlagung zu bestrafen. Denn die Händler, bei denen die Angeklagte unter Vorlage der Kreditkarte eingekauft hatte, wurden nicht getäuscht. Die Kreditkarte selbst hatte die Angeklagte zudem auch nicht unterschlagen.

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OLG Hamm PM v. 23.4.2015