Die am 3.5.2017 veröffentlichten Entscheidungen des BFH im Volltext:
Keine Steuerfreiheit nach § 3b EStG von Zulagen für Dienst zu wechselnden Zeiten
Die Steuerfreiheit nach 3b EStG findet bei der einem Polizeibeamten gezahlten Zulage für Dienst zu wechselnden Zeiten nach § 17a EZulV keine Anwendung.
EStG § 3b
Nach §§ 17a ff. der Erschwerniszulagenverordnung (EZulV) erhalten Beamte und Soldaten eine monatliche Zulage, wenn sie zu wechselnden Zeiten zum Dienst herangezogen werden und im Kalendermonat mindestens fünf Stunden Dienst in der Zeit zwischen 20 Uhr und 6 Uhr (Nachtdienststunden) leisten. Streitig war bei einem Beamten der Bundespolizei, ob bezüglich derartiger Zulagen die Steuerbefreiung nach § 3b EStG greift. Der BFH hat dies verneint und entschieden, dass derartige Zulagen nicht in den Anwendungsbereich des § 3b EStG fallen.
Denn nach § 3b EStG sind nur Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Sonntags , Feiertags oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, steuerfrei, soweit sie bestimmte Prozentsätze des Grundlohns nicht übersteigen. Nach Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 dieser Vorschrift ist Grundlohn der laufende Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum zusteht.
Die Steuerbefreiung greift jedoch nur dann, wenn die neben dem Grundlohn gewährten Zuschläge "für" Sonntags, Feiertags und Nachtarbeit geleistet werden. Die Zahlung des Zuschlags muss folglich entsprechend zweckbestimmt erfolgen. Es muss sich objektiv um ein zusätzliches Entgelt für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit handeln. Begünstigt sind daher nur solche Zuschläge, die ausschließlich eine ungünstig liegende Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit abgelten. Diese einschränkende Auslegung des § 3b EStG rechtfertigt sich aus der Erwägung, dass er als Ausnahmevorschrift das Leistungsfähigkeitsprinzip durchbricht.
Zulagen für andere Erschwernisse sind daher nicht steuerfrei. Da die im Streitfall geleisteten Zulagen für Dienst zu wechselnden Zeiten gemäß §§ 17a ff. EZulV nicht für geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gewährt wurden, waren sie nicht nach § 3b Abs. 1 EStG steuerbefreit. Denn sie wurden als finanzieller Ausgleich für wechselnde Dienste und die damit verbundenen besonderen Belastungen durch den Biorhythmuswechsel gezahlt. Da der Zuschlag für Dienst zu wechselnden Zeiten ausschließlich auf die Vergütung der Wechseldiensterschwernisse zielte, kam auch eine teilweise Steuerfreistellung nicht in Betracht.
BFH 25.1.2016, I R 74/14
Ambulante Dialysezentren nicht gewerbesteuerbefreit
Nach § 3 Nr. 20 des Gewerbesteuergesetzes können Krankenhäuser, Einrichtungen zur vorübergehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen, Einrichtungen zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen sowie Einrichtungen zur ambulanten oder stationären Rehabilitation von der Gewerbesteuer befreit sein. Ambulante Dialysezentren werden nach einer aktuellen Entscheidung des BFH von der Steuerbefreiung jedoch nicht erfasst.
GewStG § 3 Nr. 20
Im Streitfall betrieb eine GmbH zwei Dialysezentren, in denen Krankenfachkräfte und Pfleger die Patienten während der ambulant vorgenommenen Dialyse betreuten. Hinsichtlich der Gewerbesteuer machte die Steuerpflichtige geltend, ihre Leistungen seien nach § 3 Nr. 20 GewStG steuerfrei. Nach dieser Vorschrift können Krankenhäuser, Einrichtungen zur vorüber-gehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen, Einrichtungen zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen sowie Einrichtungen zur ambulanten oder stationären Rehabilitation von der Gewerbesteuer befreit sein.
Der BFH verneinte die Anwendung der Befreiungsvorschrift, da die Steuerpflichtige keine der gesetzlichen Voraussetzungen erfüllte:
- ambulante Dialysezentren erfüllen nicht den nach sozialrechtlichen Vorgaben geprägten Begriff "Krankenhaus" (der die Möglichkeit der Vollversorgung der Patienten erfordert);
- darüber hinaus fehlt für eine Gleichstellung mit einem krankenhäuslichen Dialysezent-rum die Rechtsgrundlage. Denn die gesetzgeberische Einengung der Steuerbefreiung auf Krankenhäuser, nicht aber sämtlicher Einrichtungen, deren Leistungen über die Sozialversicherungsträger abgerechnet werden können, ist nach Auffassung des BFH aufgrund der Bedeutung der Vollversorgung und deren besonderer Kostenstruktur nicht zu beanstanden;
- Dialysezentren können auch nicht als Einrichtungen zur vorübergehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen angesehen werden. Denn ein dafür erforderlicher auf die Unterstützung bei gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen der Personen gerichteter Zweck kann nicht bereits darin gesehen werden, dass den Patienten während des Aufenthalts Hilfestellung in dem für die Inanspruchnahme der nicht-pflegerischen Leistung (der Dialyse) erforderlichen Maß gegeben wird;
- letztlich dienten die Einrichtungen der Steuerpflichtigen auch nicht zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen; denn damit sind nur Pflegedienste gemeint, die Pflegebedürftige in ihrer Wohnung pflegen und hauswirtschaftlich versorgen.
Beraterhinweis: Unentschieden blieb die Frage, ob ambulante Dialysezentren ggf. als Einrichtungen zur ambulanten oder stationären Rehabilitation anzusehen sind. Der BFH konnte dies im Streitfall offen lassen, da diese gesetzliche Ergänzung von § 3 Nr. 20 GewStG erstmals ab Erhebungszeitraum 2015 gilt und daher im Streitfall (Streitjahre 2004 - 2009) noch keine Anwendung finden konnte.