19.07.2016

Die Angabe von Vergleichswohnungen i.S.d. § 558a Abs.2 Nr.4 BGB stützt die Berechtigung eines Mieterhöhungsverlangens

Der Vergleich verschiedener Wohnungen nach § 558a Abs.2 Nr.4 BGB soll dem Mieter das Verständnis eines Mieterhöhungsverlangens erleichtern, zugrunde zu legen ist der tatsächliche Zustand einer Wohnung. Individuelle, nicht vereinbarte Wohnwertverbesserungen durch den Mieter sind sowohl hierfür als auch für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete irrelevant.

AG Neuss, 16.2.2016, 88 C 313/14
Der Sachverhalt:
Die Klägerin begehrt die Zustimmung zur Mieterhöhung für eine Mietwohnung. Der Beklagte ist Mieter dieser Wohnung. Mit Schreiben aus Mai 2014 verlangte die Klägerin vom Beklagten die Zustimmung zur Erhöhung der Nettomiete von 371,13€ um 39,00€ auf 410,13€ ab dem 1.8.2014. Zur Begründung der begehrten, ortsüblichen Vergleichsmiete verwies die Klägerin auf drei in ihrem Eigentum stehende Vergleichswohnungen in derselben Stadt.

Die Klägerin ist der Ansicht, der von ihr nunmehr verlangte Mietzins in Höhe von 6,50€/qm entspreche der ortsüblichen Vergleichsmiete. Die im Mieterhöhungsverlangen genannten Vergleichsmieten und Wohnungsgrößen seien zutreffend und insgesamt mit der Wohnung des Beklagten vergleichbar. Der Beklagte behauptet, er habe seine Wohnung erst durch umfangreiche Sanierungsarbeiten in ihren heutigen Zustand versetzt. Dies dürfe aber weder bei der Vergleichbarkeit noch bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete  berücksichtigt werden.

Das AG gab der Klage statt.

Die Gründe:
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zustimmung zur Mieterhöhung gem. §§ 558ff. BGB.

Das Mieterhöhungsverlangen der Klägerin ist zulässig und formell wirksam. Das Schreiben der Klägerin aus Mai 2014 entspricht den Formanforderungen des § 558a Abs.1 BGB. Es wurde durch Bezugnahme auf drei vergleichbare, im Hinblick auf Nettomiete und Wohnfläche zutreffend beschriebene Wohnungen entsprechend § 558a Abs.2 Nr.4 BGB begründet. Hierbei ist abzustellen auf die fünf in § 558 Abs.1 S.1 BGB aufgeführten Wohnwertmerkmale Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage. Für die Vergleichbarkeit ist es nicht notwendig, dass die Wohnungen "identisch" sind. Erforderlich ist vielmehr eine Vergleichbarkeit im Rahmen einer Gesamtschau. Grundsätzlich ist eine Mieterhöhungserklärung auch wirksam, wenn die Vergleichswohnungen nicht bezüglich aller Wohnwertmerkmale mit der Wohnung des Mieters übereinstimmen.

Hier sind die Vergleichswohnungen und die vom Beklagten angemietete Wohnung in Bezug auf die Art und Ausstattung, Beschaffenheit und Lage laut eingeholtem Sachverständigengutachten vergleichbar bzw. überwiegend vergleichbar, in Bezug auf die Größe allerdings nicht abschließend. Soweit die Größe der streitgegenständlichen und der Vergleichswohnungen in Bezug auf die Zimmeranzahl abweicht, ergab sich aus einem ersten Mietvertrag mit der ehemaligen Lebensgefährtin des Beklagten, dass es sich vormals um eine Drei-Zimmer-Wohnung handelte. Der Beklagte hatte eine Wand entfernt und zwei Zimmer zu einem Raum vereinigt. Es wäre daher treuwidrig, sich nunmehr auf die fehlende Vergleichbarkeit der Zimmerzahlen zu berufen.

Zweifel des Beklagten bezüglich der Vergleichbarkeit im Hinblick auf die von ihm behaupteten  Modernisierungsmaßnahmen greifen nicht durch. Denn maßgeblich für einen Vergleich ist der tatsächliche Zustand der Wohnungen. Die Angabe von Vergleichswohnungen dient nicht dem Nachweis der ortsüblichen Vergleichsmiete, sondern soll dem Mieter Hinweise auf die Berechtigung des Mieterhöhungsverlangens geben. Die Frage der Berücksichtigung von Wohnwertsteigerungen durch Maßnahmen des Mieters betrifft aber die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete i.S.v. § 558 Abs.2 BGB. Insgesamt ist daher von einer Vergleichbarkeit der genannten Wohnungen auszugehen.

Das Mieterhöhungsverlangen der Klägerin entspricht auch der ortsüblichen Vergleichsmiete gem. § 558 Abs.1 S.1 BGB mit den dort genannten Parametern. Es handelt sich dabei nicht um einen punktgenauen Wert, sondern um eine Bandbreite. Aus dem Gutachten ergibt sich, dass sich die von der Klägerin verlangte Miete mit 6,50 €/qm innerhalb der Bandbreite der ortsüblichen Vergleichsmiete von 6,41€/qm - 7,78 €/qm befindet. Die ortsübliche Vergleichsmiete wurde mangels Existenz eines Mietspiegels der Stadt anhand der Mietspiegel der Nachbargemeinden unter unterschiedlicher Gewichtung ermittelt. Soweit der Beklagte behauptet, er habe unentgeltlich umfangreiche Arbeiten an der Wohnung durchgeführt und dies sei für die ortsübliche Vergleichsmiete erheblich, gilt folgendes:

Wohnwertverbesserungen, die der Mieter auf eigene Kosten und ohne entsprechende Vereinbarung vorgenommen hat, sind bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete nicht zu berücksichtigen. Außerdem entspricht der von der Klägerin verlangte Mietzins auch bei Zugrundelegung einer Wohnung in dem vom Beklagten vorgetragenen Zustand der ortsüblichen Vergleichsmiete, welche in diesem Fall im Bereich von 5,84 €/qm und 6,62 €/qm liegt. Die Miete war entsprechend § 558 Abs.1 S.1 BGB seit mehr als fünfzehn Monaten unverändert. Zudem wird die Kappungsgrenze durch die verlangte Erhöhung nicht überschritten, § 558 Abs.3 S.1 BGB.

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