17.01.2012

Einräumung und Bestimmung von Sondernutzungsrechten für vermeintliche Erwerber sind zulässig

Teilende Eigentümer können sich in der Teilungserklärung ermächtigen lassen, bei Verkauf der Wohnungseigentumseinheiten dem jeweiligen Erwerber das Sondernutzungsrecht an bestimmten Flächen einzuräumen und dessen Inhalt näher zu bestimmen. Als Ausdruck der Privatautonomie kann die Befugnis zur Konkretisierung oder Änderung der positiven Komponente eines Sondernutzungsrechts durch eine Ermächtigung in der Teilungserklärung erteilt werden.

BGH 2.12.2011, V ZR 74/11
Der Sachverhalt:
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Teilungserklärung der teilenden Eigentümerin enthält verschiedene Regelungen über die Ausgestaltung und Zuweisung von Sondernutzungsrechten. Die Eigentümerin wollte sich die Möglichkeit erhalten, über die Verwendung und Zuteilung der Außenstellplätze je nach Bedarf und Interesse zu entscheiden. Daher behielt sie sich vor, "durch Nachtragsurkunde dem jeweiligen Eigentümer einer Sondereigentumseinheit das Sondernutzungsrecht an den Außenstellplätzen einzuräumen."

Bis dahin waren die Sondereigentümer - mit Ausnahme der teilenden Eigentümerin - von Gebrauch und Nutzen dieser Außenstellplätze ausgeschlossen. Die teilende Eigentümerin war zudem ermächtigt, die Ausgestaltung der noch nicht verkauften Einheiten sowie auch die Teilungserklärung zu ändern.

Der Beklagte erwarb im Jahr 2009 seine Eigentumswohnung von der teilenden Eigentümerin, die dabei von der Ermächtigung Gebrauch machte und Sondernutzungsrechte für drei Flächen zuwies, für die Fläche A als Stellplatz, die Fläche B als Garten und Terrasse nach genauer Maßgabe der Gestaltung und Abgrenzung und für die Fläche C als Terrasse mit Pflanzkübeln. Die Fläche A nutzt der Beklagte als Stellplatz, die Fläche B als Terrasse. Das hielt der Kläger für rechtswidrig und verlangte Beseitigung der Terrassenanlage.

Die Klage blieb allerdings in allen Instanzen erfolglos.

Die Gründe:
Die Ansprüche des Klägers nach § 1004 BGB i.V.m. § 15 Abs. 3 WEG waren zu verneinen.

Die Terrasse hielt sich innerhalb des von der geänderten Teilungserklärung gesteckten Rahmens. Zwar bedürfen bauliche Veränderungen nach § 22 Abs. 1 WEG grundsätzlich der Zustimmung aller Wohnungseigentümer. Eine solche Zustimmung ist jedoch bereits in der Zuweisung des Sondernutzungsrechts enthalten, soweit bauliche Veränderungen Eingang in die Beschreibung des Sondernutzungsrechts gefunden haben oder wenn sie nach dem Inhalt des jeweiligen Sondernutzungsrechts üblicherweise vorgenommen werden und der Wohnungseigentumsanlage dadurch kein anderes Gepräge verleihen.  Somit war hier eine gesonderte Zustimmung nach § 22 Abs. 1 WEG entbehrlich.

Die Gestaltung und Nutzung der dem Sondereigentum des Beklagten zur Sondernutzung zugewiesenen Flächen war auch schon aufgrund der ursprünglichen Fassung der Teilungserklärung, die durch die Änderung der Teilungserklärung lediglich konkretisiert wurde, nicht zu beanstanden. Vorliegend waren die in Rede stehenden und damals noch als Außenstellplätze bezeichneten Flächen unter Ausschluss der übrigen Wohnungseigentümer allein der Verkäuferin als teilender Eigentümerin zugewiesen worden. Es ist allgemein anerkannt, dass eine solche Gestaltung rechtlich unbedenklich ist, sofern und solange der dadurch Begünstigte - wie hier - Eigentümer einer Wohnungs- oder Teileigentümereinheit ist.

Als Ausdruck der Privatautonomie kann die Befugnis zur Konkretisierung oder Änderung der positiven Komponente eines Sondernutzungsrechts - wie hier - durch eine Ermächtigung in der Teilungserklärung erteilt werden. Auf das Bestehen einer wirksamen Vollmacht zum Handeln im Namen sämtlicher übrigen Wohnungseigentümer kommt es dann nicht an. Zwar muss eine solche Ermächtigung - soll sie im Wege der Grundbucheintragung nach § 10 Abs. 3 WEG verdinglicht werden - dem sachen- und grundbuchrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz genügen. Das war hier jedoch der Fall, weil sich die Abänderungsbefugnis auf in einer weiteren Anlage gekennzeichnete Flächen bezog und die Befugnisse klar umrissen waren.

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