14.06.2016

Einwendungsausschluss gem. § 556 Abs. 3 S. 6 BGB gilt auch für in der Wohnraummiete generell nicht auf den Mieter umlegbare Kosten

Der Einwendungsausschluss gem. § 556 Abs. 3 S. 6 BGB gilt grundsätzlich auch für solche Kosten, die gem. § 556 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. der Betriebskostenverordnung in der Wohnraummiete generell nicht auf den Mieter umgelegt werden können. So soll in absehbarer Zeit nach einer Betriebskostenabrechnung Klarheit über die wechselseitig geltend gemachten Ansprüche bestehen; die insoweit beabsichtigte Befriedungsfunktion wäre nicht umfassend gewährleistet, wenn die Einwendung des Mieters, bestimmte Kosten seien generell nicht als Betriebskosten umlagefähig, auch noch nach Fristablauf erhoben werden könnte.

BGH 11.5.2016, VIII ZR 209/15
Der Sachverhalt:
Die Parteien streiten über die Rückforderung gezahlter Betriebskosten. Die Kläger sind seit Juli 2011 Mieter einer Wohnung des Beklagten. Mit Schreiben vom 12.7.2012 rechnete der Beklagte, der als vereidigter Buchprüfer sowie als Fachanwalt für Steuer- und Strafrecht firmiert, die Betriebskosten für 2011 ab. Dabei verfuhr er in der Weise, dass er den Klägern in einem Anschreiben die Abrechnung der Hausverwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft für das Jahr 2011 in Kopie übermittelte. Diese Abrechnung wies die im Einzelnen berechneten umlagefähigen Kosten für die an die Kläger vermietete Wohnung in der Summe mit einem Betrag von rd. 2.500 € aus.

Daneben waren in der Abrechnung der Wohnungseigentümer noch weitere Kosten (Instandhaltung, Verwaltung) ausgewiesen, die ausdrücklich als nicht umlagefähige Gemeinschaftskosten bezeichnet waren und sich zusammen mit den umlagefähigen Kosten und der ebenfalls gesondert ausgewiesenen Instandsetzungsrücklage auf einen als solchen ausgewiesenen Gesamtbetrag von rd. 3.900 € beliefen. Diesen Betrag übernahm der Beklagte in dem genannten Anschreiben als "Kosten gemäß Abrechnung" und setzte die für die Wohnung entrichtete Grundsteuer (rd. 300 €) hinzu. Von der Summe (rd. 4.200 €) stellte er den Klägern anteilig für sieben Monate Mietzeit 7/12 in Rechnung, nämlich 2.450 €. Von dieser Zwischensumme zog er lediglich Vorauszahlungen von 2.100 € ab, obwohl die Kläger insgesamt 2.800 € an Vorauszahlungen erbracht hatten.

Wegen der vorgenannten Fehler der Abrechnung endete die Abrechnung statt mit einem Guthaben der Kläger mit einer Nachforderung des Beklagten. Die Kläger beglichen die Nachforderung zunächst und rügten die sich auf einen Betrag von rd. 1.500 € summierenden Abrechnungsfehler (rd. 800 € wegen berechneter nicht umlagefähiger Gemeinschaftskosten und 700 € wegen zu Unrecht nicht berücksichtigter Vorauszahlungen) erstmals mit Schreiben vom 10.5.2014. Der Beklagte verweigert die Rückzahlung des zu Unrecht erhobenen Betrages unter Berufung auf die Ausschlussfrist des § 556 Abs. 3 S. 5, 6 BGB.

Das AG gab der (zuletzt) auf Zahlung von rd. 1.500 € nebst Zinsen gerichteten Klage bis auf einen Teil der Zinsforderung statt. Das LG wies die Klage insgesamt ab. Auf die Revision erstreben der Kläger hob der BGH das Berufungsurteil auf, soweit in Höhe eines Betrages von rd. 800 € nebst Zinsen zum Nachteil der Kläger entschieden worden ist und wies die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des AG insoweit zurück.

Die Gründe:
Die Kläger können den überzahlten Betrag von 700 €, der auf der nur unvollständigen Berücksichtigung der geleisteten Vorauszahlungen beruht, nicht zurückfordern. Bzgl. der den Klägern anteilig in Höhe von rd. 800 € berechneten nicht umlagefähigen Kosten der Wohnungseigentümer (Verwaltung, Instandhaltung, Rücklage) hat das LG zwar richtig gesehen, dass der Einwendungsausschluss nach § 556 Abs. 3 S. 6 BGB grundsätzlich auch für solche Kosten gilt, die in der Wohnraummiete generell nicht umgelegt werden können. Es hat jedoch verkannt, dass der Beklagte mit Rücksicht auf Treu und Glauben (§ 242 BGB) daran gehindert ist, sich auf diesen Einwendungsausschluss zu berufen, weil er sich in seinem Abrechnungsschreiben selbst auf die beigefügte Abrechnung der Wohnungseigentümer bezogen hat und die genannten Positionen darin ausdrücklich als nicht umlagefähige Gemeinschaftskosten bezeichnet sind.

Das LG hat zu Recht angenommen, dass den Klägern im Hinblick auf die i.H.v. 700 € geleistete, aber in der Abrechnung nicht berücksichtigte Vorauszahlung kein Anspruch auf Rückzahlung des entsprechenden Betrages aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zusteht. Zwar ist die Nebenkostenabrechnung des Beklagten für das Jahr 2011 bzgl. der Vorauszahlungen unrichtig und haben die Kläger insoweit einen Betrag in Höhe von 700 € zu Unrecht - also ohne Rechtsgrund - gezahlt. Gleichwohl können sie diesen Betrag nicht mehr zurückfordern, weil sie ihre diesbezüglichen Einwendungen gegen die Abrechnung nicht innerhalb der Frist des § 566 Abs. 3 S. 5 BGB vorgebracht haben und mit ihnen deshalb gem. § 556 Abs. 3 S. 6 BGB ausgeschlossen sind.

Im Ergebnis zu Unrecht hat das LG hingegen einen Rückforderungsanspruch i.H.v. rd. 800 € wegen der den Klägern in dieser Höhe zu Unrecht berechneten Kosten der Eigentümergemeinschaft verneint. Die Frage, ob vom Einwendungsausschluss gem. § 556 Abs. 3 S. 6 BGB auch die gem. § 556 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. mit der Betriebskostenverordnung generell nicht auf den Mieter umlagefähigen Kosten - wie hier Instandsetzungs- und Verwaltungskosten sowie Rücklagen für die an die Kläger vermietete Eigentumswohnung des Beklagten - umfasst sind, ist umstritten und vom Senat bisher offengelassen worden. Der Senat beantwortet diese Frage nunmehr dahin, dass die Ausschlussfrist gem. § 556 Abs. 3 S. 5, 6 BGB auch für die Einwendung des Mieters gilt, die Abrechnung enthalte Positionen, die generell nicht als Betriebskosten umlegbar seien. Dies ist notwendig, damit in absehbarer Zeit nach einer Betriebskostenabrechnung Klarheit über die wechselseitig geltend gemachten Ansprüche besteht. Die insoweit beabsichtigte Befriedungsfunktion wäre hingegen nicht umfassend gewährleistet, wenn die Einwendung des Mieters, bestimmte Kosten seien generell nicht als Betriebskosten umlagefähig, auch noch nach Fristablauf erhoben werden könnte.

Dennoch greift der Einwendungsausschluss im vorliegenden Fall nicht durch und sind die Beklagten deshalb zur Rückforderung des Betrages von rd. 800 € berechtigt. Denn der Beklagte ist angesichts der besonderen Umstände des vorliegenden Falles unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gehindert, sich auf den Einwendungsausschluss gem. § 556 Abs. 3 S. 5, 6 BGB zu berufen. Das LG hat nicht berücksichtigt, dass sich der Beklagte in dem Abrechnungsschreiben vom 12.7.2012 auf die ihm als Wohnungseigentümer erteilte Abrechnung der Eigentümergemeinschaft bezogen und diese beigefügt hat. In dieser sind aber die von ihm nicht herausgenommenen Positionen Verwaltung, Instandhaltung und Rücklage ausdrücklich als nicht umlagefähig bezeichnet. Somit hat der Beklagte aus Sicht der Kläger schon bei der Abrechnung zum Ausdruck gebracht, dass ihm diese Positionen nicht zustehen; hieran muss er sich auch nach Ablauf der Einwendungsfrist festhalten lassen.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BGH online
Zurück