29.01.2013

Fahrstuhlbetreiber haftet nicht für Unfall eines Benutzers wegen technischer Störung einer älteren - regelmäßig gewarteten - Anlage

Der Betreiber einer älteren Fahrstuhlanlage hat grundsätzlich keine Verpflichtung, diese mit modernen Warnsystemen gegen Fehlfunktionen nachzurüsten. Die Verkehrssicherheit fordert lediglich, dass die nach den technischen Möglichkeiten erreichbare Sicherheit geboten wird, wobei auf den Zeitpunkt des Einbaus der Anlage abzustellen ist.

OLG Frankfurt a.M. 24.1.2013, 3 U 169/12
Der Sachverhalt:
Die Beklagte betreibt ein Parkhaus, in dem ein im Jahr 1989 errichteter Fahrstuhl in Betrieb ist. Die Klägerin, eine ältere Dame, stürzte beim Verlassen des Fahrstuhls, und zog sich dabei erhebliche Verletzung zu. Zu dem Unfall war es gekommen, weil die Kabine, in der sich die Klägerin befand, ca. 40 cm oberhalb des Bodenniveaus anhielt, sich die Türen aber schon geöffnet hatten.

Mit der ständigen Wartung der Aufzugsanlage ist ein Spezialunternehmen beauftragt. Die letzte Wartung hatte zwei Tage vor dem Unfall stattgefunden. Mit ihrer Klage macht die Klägerin die Zahlung von Schmerzensgeld geltend.

Das LG wies die Klage ab. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die Revision zum BFH wurde nicht zugelassen. ie Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

Die Gründe:
Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld.

Aus dem Umstand, dass es bei der Kabine am Unfalltag zu einer einmaligen Halteungenauigkeit gekommen ist, kann nicht auf eine Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten geschlossen werden. Es ist davon auszugehen, dass eine technische Störung vorgelegen hat, die trotz regelmäßiger Wartung und Kontrolle zufällig aufgetreten ist. Solche technischen Störungen sind jedoch unvermeidbar und stellen für sich genommen keine Verkehrssicherungspflichtverletzung des Betreibers dar, soweit er die Störung in angemessener Zeit beseitigen lässt. Es ist auch nicht feststellbar, dass die Störung bereits häufiger aufgetreten ist und es die Beklagte unterlassen hat, das ihr Mögliche zu veranlassen, um eine etwa vorliegende Störanfälligkeit zu beseitigen.

Die Beklagte war im Rahmen ihrer Verkehrssicherungspflicht auch nicht verpflichtet, den Aufzug mit modernen Warnvorrichtungen auszustatten und dem neueren technischen Standard anzupassen, solange der Fahrstuhl noch den technischen Anforderungen des Errichtungszeitpunkts entsprach und - nach neueren Vorschriften - nicht nachgerüstet oder stillgelegt werden musste. Die Verkehrssicherheit fordert lediglich, dass die nach den technischen Möglichkeiten erreichbare Sicherheit geboten wird, wobei auf den Zeitpunkt des Einbaus der Anlage abzustellen ist.

Dies gilt selbst dann, wenn sich die Sicherheitsbestimmungen für neu zu errichtende ähnliche Anlagen verschärft haben. Wollte man aus der Verkehrssicherungspflicht ableiten, dass stets der neueste Sicherheitsstandard geboten werden muss, hätte dies die unbillige Folge, dass der Betreiber einer technischen Einrichtung seine Anlage ständig erneuern müsste, ohne dass sich seine kostenintensiven Investitionen amortisieren können. Bei einer älteren Aufzugsanlage muss deshalb in der Regel nur diejenige Verkehrssicherheit geboten werden, die bei Ausnutzung der vorhandenen technischen Einrichtung in einwandfrei funktionierendem Zustand geboten werden kann.

Die Beklagte war schließlich auch nicht verpflichtet auf mögliche altersbedingte Halteungenauigkeiten der Aufzugsanlage oder das Fehlen von modernen Warnvorrichtungen für den Fall einer technischen Störung - etwa durch ein Schild - hinzuweisen. Ein solches Vorgehen wäre nur dann erforderlich, wenn die Störung öfter auftreten würde, was hier nicht der Fall war. Darüber hinaus war die unfallursächliche Störung für jedermann erkennbar, denn beim Anhalten eines Fahrstuhls muss nach wie vor von jedem Benutzer erwartet werden, dass er darauf achtet, ob die Kabine korrekt - insbes. also bündig mit dem Bodenniveau - angehalten hat. Die von der Klägerin verlangten technischen Warnmechanismen (optische oder akustische Warnsignale; Geschlossen-Bleiben der Türen) sind in Anbetracht der vielen weiterbetriebenen älteren Aufzugsanlagen auch aktuell noch nicht so verbreitet, dass sich der Benutzer blind auf das korrekte Funktionieren der Technik verlassen darf.

OLG Frankfurt a.M. PM vom 28.1.2013
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