21.05.2013

Fehlende Baugenehmigung stellt regelmäßig Sachmangel des veräußerten Wohnungseigentums dar

Das Fehlen einer Baugenehmigung stellt regelmäßig einen Sachmangel des veräußerten Wohnungseigentums dar. Für den von der Arglist vorausgesetzten Eventualvorsatz reicht es nicht aus, wenn sich dem Verkäufer das Vorliegen von Tatsachen hätte aufdrängen müssen, die einen Mangel des Kaufobjekts begründen.

BGH 12.4.2013, V ZR 266/11
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte im Dezember 2005 vom Beklagten eine von diesem sanierte Dachgeschosswohnung zum Preis von 90.000 € gekauft. Die Haftung für Sachmängel war ausgeschlossen. Als die Klägerin die Wohnung im Jahr 2009 verkaufen wollte, stellte sich heraus, dass sowohl für die Wohnung als auch für den Balkon keine Baugenehmigung vorlag. Ein von der Ehefrau des Beklagten gestellter Bauantrag war bereits im Februar 2000 zurückgewiesen worden, wovon der Beklagte jedoch keine Kenntnis erlangt haben wollte. Ob das Dachgeschoss vor der Sanierung als Wohnung genutzt worden war, blieb streitig.

Die Klägerin erklärte den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte den Beklagten zur Rückzahlung des Kaufpreises auf. Im September 2009 erteilte die Behörde schließlich eine Baugenehmigung unter Auflagen. Den der Genehmigung zugrundeliegenden Bauantrag nahm der Beklagte allerdings nach Widerspruchseinlegung zurück.

Neben der Rückabwicklung des Kaufvertrages forderte die Klägerin Schadensersatz i.H.v. 3.547 €. Sie behauptete, der Beklagte habe das Fehlen der Baugenehmigung arglistig verschwiegen. Von der Richtigkeit dieser Behauptung hat sich das LG überzeugt und auf dieser Grundlage die Klageanträge dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Dem ist das OLG im Ergebnis gefolgt. Auf die Revision des Beklagten hob der BGh das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Gründe:
Zu Unrecht hatte das Berufungsgericht angenommen, dem Beklagten sei die Berufung auf den vereinbarten Haftungsausschluss nach § 444 BGB versagt gewesen. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen ließ sich weder das Vorliegen eines (aufklärungspflichtigen) Sachmangels noch ein darauf bezogenes arglistiges Verschweigen bejahen.

Zwar stellt das Fehlen einer Baugenehmigung regelmäßig einen Sachmangel des veräußerten Wohnungseigentums dar. Da die Nutzungsuntersagungsverfügung hier aber erst nach Gefahrübergang ergangen war, hing die Annahme eines Sachmangels davon ab, ob die von dem Beklagten vorgenommenen baulichen Veränderungen im Zeitpunkt des Gefahrübergangs genehmigungsbedürftig waren. Diese Frage haben die Zivilgerichte in eigener Verantwortung - ohne Bindung an einen erst später ergangenen baubehördlichen Bescheid - zu beantworten. Ausreichende Feststellungen zur Beurteilung der Genehmigungsbedürftigkeit wurden vom Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt folgerichtig - jedoch nicht getroffen.

Auch die Erwägungen des OLG zur Arglist waren revisionsrechtlich zu beanstanden. So ist ein arglistiges Verschweigen nur gegeben, wenn der Verkäufer den Mangel kennt oder ihn zumindest für möglich hält und zugleich weiß oder doch damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer den Mangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts genügt es jedoch nicht, wenn sich dem Verkäufer das Vorliegen aufklärungspflichtiger Tatsachen hätte aufdrängen müssen, weil dann die Arglist vom Vorsatz abgekoppelt und der Sache nach durch leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis ersetzt würde. Selbst ein bewusstes Sichverschließen genügt nicht den Anforderungen, die an die Arglist zu stellen sind.

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