Formbedürftige Reservierungsvereinbarung beim Immobilienkauf
AG München 1.7.2016, 191 C 28518/15Der Beklagte aus München war Eigentümer einer Einzimmerwohnung in Berlin, die er für 141.000 € zum Kauf angeboten hatte. Der Kläger, ebenfalls aus München, interessierte sich dafür. Nach den Verkaufsgesprächen unterzeichneten der Kläger und seine Ehefrau im Mai 2015 eine Reservierungsvereinbarung, die auszugsweise wie folgt lautet:
"Der Kaufpreis beträgt 140.740 €. Darüber hinaus ist vom Kläger bei Kaufvertragsabschluss eine Provision an die Firmen X-Bauplanungs-GmbH, Berlin, und Y-Immobilienbüro, Berlin, i.H.v. insgesamt 7,14% inkl. gesetzlicher Mehrwertsteuer, somit 10.049 € zu bezahlen. Dem Käufer ist bekannt, dass eine wirtschaftliche Verflechtung zwischen dem Verkäufer und der Firma X-Bauplanungs-GmbH besteht. Sollte der notarielle Kaufvertrag aus Gründen, die der Käufer zu vertreten hat, zwischen den Parteien nicht zustande kommen, so steht der Betrag entsprechend Ziff. 3 als pauschalierter Schadensersatz dem Verkäufer zu."
Der Kläger und seine Ehefrau zahlten die Reservierungsgebühr i.H.v. 3.000 € an den Beklagten. Letzten Endes erklärte der Beklagte die Vertragsverhandlungen über den endgültigen Kaufpreis für gescheitert und lehnte die Rückzahlung der Reservierungsgebühr ab. Er war der Ansicht, dass es sich um eine individuelle Vereinbarung handelte und der Kläger dadurch nicht unangemessen benachteiligt worden sei.
Das AG gab der Klage auf Rückzahlung der Reservierungsgebühr statt. Das Urteil ist rechtskräftig.
Die Gründe:
Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Rückzahlung von 3.000 €.
Die Reservierungsvereinbarung war wegen Formnichtigkeit unwirksam, da keine notarielle Beurkundung erfolgt war. Der Beurkundungszwang soll die Parteien schließlich auf die Bedeutung des Geschäftes hinweisen und vor dem Eingehen übereilter Verpflichtungen schützen (Warnfunktion). Zudem soll eine sachkundige Beratung der Parteien sichergestellt werden (Beratungsfunktion). Ein Kaufvertrag über eine Immobilie und eine in diesem Zusammenhang geschlossene Reservierungsvereinbarung bilden eine solche rechtliche Einheit, da die Vereinbarung zum Zweck eines späteren Kaufvertrages geschlossen wird.
Unabhängig vom Zweck des Beurkundungszwangs muss die Beurkundung in jedem Fall dann erfolgen, wenn das in der Vereinbarung versprochene Entgelt 10 - 15% der vereinbarten Provision übersteigt. Der Formzwang gilt auch für einen Vertrag, mit dem über die Vereinbarung eines empfindlichen Nachteils ein mittelbarer Zwang ausgeübt werden sollte, die Immobilie zu erwerben oder zu veräußern. Im vorliegenden Fall machte die Reservierungsgebühr 29,7% der Maklerprovision aus. Die maßgeblichen Grenzwerte waren damit weit überschritten. Durch das unterzeichnete Vertragsstrafeversprechen war der Kläger mittelbar zum Kaufvertragsabschluss gedrängt worden.
Außerdem stellte die Vereinbarung über die Reservierungsgebühr eine unangemessene Benachteiligung des Klägers dar. Der Beklagte hatte sich durch die Vereinbarung eine erfolgsunabhängige Vergütung gesichert. Dieser Leistung des Klägers stand jedoch kein gleichwertiges Äquivalent gegenüber.